Sonntag, 9. August 2009

Epilog: Fremd in der eigenen Heimat

Der Friede ist die Mutter aller Dinge
Ja, ich bin zurück in Wien! Und der reverse Kulturschock war groß. Nämlich insoferne, als er zunächst überhaupt nicht eintrat. Als ich so vom Flughafen Wien-Schwechat (dessen Erfolgsprojekt "Skylink" ich live würdig bestaunte) Richtung Hadersdorf-Weidlingau fuhr, war mir, als wäre ich erst vor etwa einer Woche von hier aufgebrochen. Abgesehen davon, dass sich erwartungsgemäß kaum etwas verändert hatte, fühlte ich mich noch genauso zu Hause, erkannte jedes noch so kleine Sträßlein sofort wieder, ja, sah sogar teilweise die gleichen Leute auf den gleichen Bankerln sitzen (und ich mutmaße, dass nur ein verschwindend geringer Prozentsatz dieser Menschen dort vor einem Jahr unbemerkt verstorben und im beigen Früherbst-Manterl mumifiziert zum ewigen Bankerlsitzen und Ignoriert-Werden verdammt wurden).

Ehrlich gesagt: Ich war etwas enttäuscht. Da hätte ich doch gleich in China bleiben können.

Verdammt, wer bin ich?!
Am nächsten Tag aber folgte der Schock: Ja, ich kannte die Straßen noch ... aber die Menschen waren mir fremd geworden! Ich selbst und mein Verhalten passten da einfach nicht mehr hinein.

In China bildete ich mir ein, als exotischer Fremdkörper vollkommen österreichisch und unverändert durch die Menschenmassen zu pflügen; doch hier in Wien bemerkte ich erst, wieviel Chinesisches sich offenbar an mir abgerieben hatte: Mit entspannter Selbstverständlichkeit schlapfte ich unter paradiesischer Ignoranz sämtlicher panisch-flimmernder Lichtsignale bei Rot über die Straße - und bemerkte mein Außenseitertum erst, als fast alle mich umgebenden Menschen am Straßenrand wie festgeklebt verharrten. Das fühlte sich vielleicht seltsam an. Und dann beim Billa: Ich erstand eine Dose Red Bull ... und zwängte mich gewohnheitsmäßig mitten hinein in einen der mir plötzlich ausgesprochen geräumig erscheinenden Zwischenräume jener Schlange, die zahlungswillige Menschen vor der Kasse bildeten. Natürlich fiel mir sofort auf, dass da etwas nicht stimmte - wenn nicht sowieso, dann spätestens aufgrund der beredten "Geh scheißen"-Blicke meiner Mitmenschen.

Auf der Straße war es geradezu beängstigend menschenleer und ruhig (wir sprechen von Samstagnachmittag auf der Mariahilfer Straße) - und überhaupt war die Stille von einer geradezu unnatürlichen Durchdringlichkeit und Allgegenwart: Die Menschen flüsterten miteinander, Türen wurden leise geschlossen (und mir nicht ins Gesicht geschlagen), Kinder, die mehr als einen Augenaufschlag wagten von ihren Eltern sofort zur Stille gemahnt - und sogar die Automotoren summten wie kleine Aufziehautos vor sich hin, anstatt wie anständige, chinesische Mobile bei der Vorbeifahrt mit sattem Vergaser-Heavy-Metal mir das rechte Trommelfell beim linken Ohr hinauszudrücken.

Und, verdammt, wo bin ich?!
Mein Staunen nahm einfach kein Ende: Die Parks glichen Hospizen, in denen vereinzelte, ältere Menschen schweigend und nichtstuend auf Bänken ihrem Ende entgegenschimmelten. Niemand lässt hier Drachen steigen, keiner singt oder tanzt, ja nicht einmal Karten- oder Schachspieler sind zu beobachten. Und wie schnell ich plötzlich von A nach B kam! Nicht, dass ich unbedingt nach B wollte, aber zumindest kam ich so schnell hin, dass es eigentlich eh wurscht war. Benötigte man in Shanghai von der Gehsteigkante zum gegenüberliegenden Geschäftseingang etwa 30 Minuten (und bei heftigerem Menschenaufkommen war das Erreichen oft genug eine Frage des "ob" eher denn des "wann"), kann man in dieser Zeit mit ein wenig Glück die gesamte Stadt Wien durchqueren.

Alles in Wien erschien mir plötzlich wahnsinnig klein, ruhig, durchaus beschaulich und sauber - aber auch auf faszinierende Weise zugleich extrem vertraut wie fremd. Ich sah - und das ist keine Übertreibung - diese Stadt tatsächlich gleichzeitig mit zwei Augenpaaren: meinen eigenen, und jenen eines Chinesen - und an dieser Stelle folgt kein unlustiger Witz über asiatische Augen (solche halbrassistischen "Späßchen" hasse ich nämlich), sondern ich meine damit lediglich, dass ich meine alte Heimat auf einmal so sah, wie sie auf Chinesen wirken muss. Es waren einige positive Überraschungen dabei, einige negative, vor allem aber Vieles, Vieles, das wirklich fremd und unendlich spannend ist. Und das hatte ich nun wirklich nicht erwartet.

Und ... bin ich verdammt?!
Genauso wenig hatte ich erwartet, dass ich zwar im Gespräch mit Eltern und Freunden nicht einmal ansatzweise auf die Idee käme, ins Chinesische zu verfallen. Beim Betreten eines Geschäfts hingegen verwirrte ich das (ungewohnt höfliche) Verkaufspersonal mit der wie selbstverständlich aus mir quellenden Frage: "请问,这里有卖手机的吗?" Offenbar assoziere ich zwar nach wie vor völlig natürlich meine Bekannten und Freunde mit der für Deutsch zuständigen Gehirnregion; ebenso natürlich sind mittlerweile allerdings auch "offizielle" Interaktionen wie mit Verkaufspersonal oder Kellnern auf Chinesisch abzuwickeln. (Das stört aber kaum. Denn tatsächlich bemerkte ich beim Handykauf, dass sich der Unterschied zwischen Beratungsgespräch/Deutsch und Beratungsgespräch/Chinesisch verständnisbezogen in Grenzen hält.)

Verdammt, ich lieb dich
All dies macht mich natürlich nicht nur ungeheuer interessant, es hatte vor allem auch einen Nebeneffekt: Ich kam gar nicht dazu, China zu vermissen. Es gab so viel Altes auf neue Weise zu entdecken, dass jeder Tag für mich fast ebenso spannend war als hätte ich ihn in China erlebt.

Nun bin ich seit zehn Tagen zurück, und diese Effekte beginnen allmählich nachzulassen. Im gleichen Ausmaß setzt die Sehnsucht nach China, nach Shanghai ein. Österreich und China, Wien und Shanghai - beide Welten haben so viel Schönes, so viel Spannendes, so Vieles, das es zu entdecken gibt. Ich habe jetzt zwei Orte, an denen ich mich zu Hause fühle. (Oder, wie ich es als passionierter Extrem-Optimist formulieren würde: Wo auch immer ich gerade bin, mir geht immer etwas ab.)

Vielleicht führe ich an anderer Stelle doch noch ein Blog weiter. Kommt darauf an, ob ich etwas zu sagen habe.

Vielleicht sieht man sich also dort ]:).

Mittwoch, 29. Juli 2009

Byebye China

Und diesmal wirklich. Mit dem Tag, an dem ich aus dem Studentenheim aus- und ins Hotel eingezogen bin, hat sich meine Sicht der Umgebung gewandelt. Eine fast physische Veränderung fand vor meinen Augen statt - der Einwohner wurde zum Touristen, rutschte aus dem Gewand seiner neuen Heimat heraus um sie von da an von außen zu betrachten, wie ein Museumsstück. Ein trauriger Abstand war entstanden, zwischen mir und diesem Land - aber auch zu jener Routine, die in den letzten Monaten eingekehrt war und mich gar nicht mehr würdigen ließ, was ich hier (er)leben durfte. Jetzt kann ich es wieder und sehe dieses knappe Jahr als das, was es war: die vielleicht schönste und ganz sicher lehrreichste Zeit meines Lebens.

China - ich werde Dich vermissen.

Dienstag, 21. Juli 2009

Das Wetter

Hallo, ich bin's: euer Wettergott.

Unbescheidene Begrüßung oder Einleitung zu einer Litanei darüber, wie sehr ich nicht vom Wetterpech verfolgt bin?

Letzteres.

Ich weiß, ich weiß, das ist nicht sehr originell, und jeder teilt das Gefühl, da oben im Himmel säße irgendsoein sadistisches Schwein, das jedem Erdenbürger maßgeschneidertes Dreckwetter schickt, wenn man es am wenigsten braucht.

Aber ich brachte Regen in die Rub-al-Khali - zum ersten Mal seit 5 Jahren (laut Aussage der Einheimischen). Ich darf das.

Also.

Ich war ja in Guizhou. Für vier Tage. Das war ein wirklich herrlicher Aufenthalt: die Landschaft überwältigend, die Hauptstadt Guiyang einmalig schön mitten in tropisch bewaldeten Bergen gelegen, mit aufregender Architektur und von ganz eigenem, südostasiatischem Flair, köstlich-scharfes Essen, freundliche Menschen und praktisch keine Touristen. Perfekt. Nur das, weswegen ich hingeflogen bin ... das Wetter nämlich ... naja, Hitzewelle halt. Dauer: exakt vier Tage. Beginn: am Tag meiner Ankunft, Ende: am Tag nach meinem Abflug. Temperatur: 31° - 32° (wo es sonst 25° hat). Allerdings rege ich mich da gar nicht auf, denn im Vergleich zu Shanghai war das wirklich geradezu frühlingshaft. (Gestern haben wir endlich die 40°-Marke durchschlagen. Gefühlte 46° laut Wetterbericht.)

Worüber ich mich aber schon aufrege: Seit drei Wochen haben wir in Shanghai ununterbrochenen Sonnenschein. Ohne von einem Wölklein gestört zu werden - geschweige denn von kühlendem Regen - knallt die Sonne von einem erbarmungslos blauem Himmel, während ich unentwegt röchelnd nur meine Hände gen Himmel recken und Gott um eine schattenspendende Wolke bitten konnte.

Doch Gott ist sowohl gnädig, als auch beweist er Sinn für Humor: Er sandte mir die gewünschte Wolke. Und noch ganz, ganz viele andere gratis mit dazu. Und überhaupt gleich ein ganzes Gewitter inklusive wolkenbruchartige Regenfälle, Blitz, Donner und Sturm.

Und wann tat er das?

Heute. Am Tag der totalen Sonnenfinsternis.

So ward es dunkel, nach fünf Minuten wieder hell - und ich sowie die Millionen anderen Finsternisbeobachter (die teilweise noch viel ärmer sind, weil extra nach China gereist) sahen von der Sonne original gar nichts. Dafür sehr viel Regen.

Aber ab morgen ist sie ja eh wieder zurück, die Sonne. Inklusive Hitze.

Amen.

Montag, 13. Juli 2009

Shanghai brät

... doch ich lass mich nicht braten. Hier hat's laut Wetterbericht 36°, aber anfühlen tut sich's dank der Schwüle (ebenfalls laut Wetterbericht) wie 43°.

Was sagt uns das?

Nun - wer mich kennt, weiß: Kaum erhebt sich des Thermometers Quecksilber zögerlich-sanft über die 20°-Grad-Grenze, verwandle ich mich spontan in eine beeindruckende Springbrunnen-Persiflage und kenne kaum noch andere Gesprächsthemen als die UNÄRTRÄÄÄÄÄGLICHÄÄÄÄ HITZÄÄÄÄÄÄ.

Na, könnts Euch vorstellen, wie's mir hier zurzeit geht.

Was also tun?

Ganz einfach: Ich trof vorgestern in einem Restaurant zwei Studenten aus Guizhou. Das ist eine Provinz, die nicht besucht zu haben mir ohnehin schon seit längerem sehr Leid tat. (Dieses gschissene Land ist einfach zu groß.) Und dann besitzen die zwei auch noch die Unverfrorenheit, mich nicht früher kennengelernt und mir erzählt zu haben, dass Guizhou auf einem Hochplateau liegt und daher sehr angenehme Sommer ihr (sein?) Eigen nennt!

Wir haben dann noch sehr nett dahingeplaudert, und wie üblich musste ich fest versprechen, falls es mich mal nach Guizhou zieht, mich unbedingt zu melden. Dann bin ich rausgegangen aus dem klimatisierten Raum. Und als mich da draußen wieder einmal die Hitzekeule mit einem fröhlichen Frontalschlag ins Gesicht begrüßte, war ich nur mehr eines benommenen Gedanken fähig: "Ich muss weg!"

Woraufhin ich gleich ein Ticket nach Guizhou gebucht habe, wo ich demgemäß morgen hinfliegen werde. Ist eine hochinteressante Gegend mit atemberaubender Landschaft, unzähligen Dörfern ethnischer Minderheiten - und angeblich vom Tourismus noch so gut wie unberührt.

Ich bleibe dort nur vier Tage, werde aber zweifelsohne wieder einmal einen Weg finden, alles, was ich nicht kaputt mache, auf andere Weise kreativ falsch anzupacken - und falls dem tatsächlich so ist, werde ich danach darüber berichten. Falls nicht, dann nicht.

Kaum war das Ticket gebucht habe ich jedenfalls festgestellt, dass es dort unten gerade ungewöhnlicherweise mit jedem Tag heißer wird und außerdem ein Taifun in der Gegend herumbläst.

Ideale Voraussetzungen für einen gelungenen Urlaub also - man darf gespannt sein.

Montag, 6. Juli 2009

öhm ...

... ja, ich weiß, was ich so salbungsvoll verabschiedungstechnisch schrob - und ich weiß auch, ich bin inkonsequent. Aber das schöne an meiner Inkonsequenz ist doch, dass ich sie so rigoros durchziehe.

Also:

"McGyver ist blöd" oder "Mini-Manderln in Xuzhou"

Diese zwei Ereignisse der letzten zwei Tage bewegen mich dazu, doch noch einen Blog-Eintrag nachzuschießen. Denn wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Und wenn dieser eine dann auch noch ich bin, dann wird umso mehr erlebt. Nicht unbedingt Grandioses, dafür aber garantiert Dämliches.

Und das kam so:

Ich habe ja meine große Nordreise aus nostalgischen Gründen stark verkürzt und werde jetzt anstatt zur nordkoreanischen und sibirischen Grenze vorzudringen mich mit den südlicheren Provinzen Jiangsu und Shandong begnügen, und zwar weil ich diese in einer Woche recht bequem bereisen und sodann meinen Chinaaufenthalt noch mit einem würdigen, dreiwöchigen "Urlaub" in Shanghai beenden kann.

Als erstes Ziel erwählte ich Xuzhou. Dieses kleine Städtchen im äußersten Nordwesten von Jiangsu, 700 Kilometer entfernt von Shanghai, ist wieder einmal in keinem Reiseführer verzeichnet, und es scheint, als wäre auch noch nie jemand hingereist. Deswegen, und weil es ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt auf meiner Fahrt nach Shandong ist, beschloss ich, dorten zwei Tage zu verweilen.

Es ging diesmal nicht alles ganz so glatt wie gewohnt, aber ich werde Euch hier nicht mit "Was-habe-ich-doch-für-ein-Pech"-Geschichten von ausverkauften Tickets, endlosen Anstellzeiten oder unfassbar heißem Wetter langweilen.

Nein, das kann ich besser.

So kam ich also gestern um 20 Uhr in Xuzhou an, einer auf den ersten Blick sympathischen, extrem lebendigen kleinen Stadt. Da ich von der fünfstündigen Zugfahrt und einer zweistündigen Unterhaltung mit einem kleinen chinesischen Buben (Hauptthema: "Transformers 2" - auf chinesisch, wie ich lernte: 变形金钢) ausgesprochen müde war, fiel ich gleich ins erste Hotel in Bahnhofsnähe. Dieses hatte durchaus eine gewisse Patina, war dafür aber auch recht günstig.

Was gibt es schöneres, als nach einer langen Reise bei unglaublich schwüler Hitze eine lange Dusche zu nehmen?

Und was gibt es spannenderes, als danach festzustellen, dass die Schnalle der Badezimmertüre abgebrochen ist und die Türe sich folglich nicht mehr öffnen lässt? Dabei sperre ich prinzipiell nicht zu ... muss aber zugeben, dass ich auch nicht jede Türe vor dem normalen Zumachen auf Funktionsfähigkeit überprüfe.

So stand ich dann also in diesem 3-Quadratmeter-Zimmerchen bei 40° Innentemperatur und konnte während der zwei Stunden des Eingesperrtseins dem Sauerstoff beim Verschwinden zuriechen. Natürlich war ich nicht untätig: Zunächst mit bloßen Händen und Füßen, dann mit allem, was mir zur Verfügung stand (Zahnbürste, Plastikkamm, Seife) versuchte ich, die Türe aufzubrechen - erfolglos. Mir ist klar, dass McGyver aus diesem Zubehör mindestens einen Kurzwellensender oder einen Bulldozer konstruiert hätte. Alles, was ich mit der Zahnbürste zusammenbrachte, war hingegen, mir meine Zähne zu putzen. (Auch sehr wichtig. Man sollte Karies nicht unterschätzen.)

Schweißüberströmt und splitternackt begann ich also den demütigenden Akt des mit-beiden-Händen-gegen-die-Türe-Pumperns, und gleichzeitig um Hilfe zu rufen. Weniger, weil ich wirklich von Panik erfüllt war, sondern eher, weil ich nicht 15 Stunden in diesem fensterlosen, stickig-heißen, winzigen Raum verbringen wollte, bis mich eine eventuelle Putzfrau des Morgens vielleicht fände.

Es ist einem mittleren Wunder zu verdanken (oder meiner kräftigen Stimme), dass mich in dem isolierten Extragebäude, in dem ich einquartiert bin, überhaupt jemand hörte. Doch dem war so. Aus dem Badezimmer heraus erklärte ich der Hotelangestellten schreiend das Problem, woraufhin sie den eine bunte Schar an Mechanikern zusammentrommelte. Spannend ist an dieser Stelle, dass man hier in Xuzhou offenbar einen ganz interessanten Dialekt verwendet, der eine Mischung aus südlichen und nördlichen Charakteristiken aufweist, jedenfalls aber ausgesprochen unverständlich sein kann. Und Inhalte wie "Jetzt schräg rechts nach oben ziehen und gleichzeitig rütteln" verstehe ich offenbar schon gar nicht.

Trotzdem schaffte es das Handwerkergrüppchen nach einiger Zeit, die gesamte Schnalle samt Schloss von außen auszubauen und die Türe zu öffnen.

Da stand ich nun in paradiesischer Nacktheit und durfte mir typisch chinesische Scherze über meine Körperbehaarung anhören und darüber, wie lustig das ganze doch wäre.

Zugegeben ... nach einer Sekunde Erleichterung und einer weiteren Sekunde Ärger musste ich dann mitlachen. Wer bin ich denn, dass ich solch vollkommene Situationskomik nicht würdigen dürfte?

Den Rest des Abends wollte ich mit einem entspannenden Spaziergang verbringen, was von sintflutartigen Regenfällen verhindert wurde, die justament begannen, als ich aus der Türe trat. Zusätzlich vergaß ich noch meinen Schlüssel im Zimmer sowie das Aufladen meines Fotoapparates. Außerdem lag das diesmal wohlmitgebrachte Schweißtuch sicher im Zimmer und ermöglichte mir so, die chinesische Allgemeinheit durch exzessives Schwitzen zu erheitern. (38° bei 120% Luftfeuchtigkeit sind das schlimmste Wetter, das ich mir vorstellen kann.) Aber das war peripher - die Freiheit hatte mich wieder, und ich konnte immerhin sogar ein Zugticket nach Yanzhou erstehen. In dieses Städtchen der Provinz Shandong möchte ich nämlich morgen fahren, um den dort ganz in der Nähe liegenden Geburtsort Konfuzius' zu besuchen, bevor es weitergeht in die Hauptstadt Jinan, wo ich wiederum zwei österreichische Freundinnen treffen werde.

Und heute? Ja ... heute fand ich heraus, dass Xuzhou vor 2.000 Jahren die Hauptstadt der mächtigen Han-Dynastie war, und dementsprechend die größte und wichtigste archäologische Anlage aus dieser Zeit in ganz China beherbergt. Zusätzlich übrigens noch eine Terracotta-Armee aus tausenden Figuren - ähnlich derer in Xi'an, nur dass die Soldaten viel kleiner (und herziger) sind. Weil das aber niemand weiß - und es Reiseführer wie Lonely Planet auch nicht einmal einer Erwähnung wert finden - war ich bei der heutigen Besichtigung dort praktisch alleine. Besonders das gigantische unterirdische Mausoleum des ersten Han-Kaisers gehört zum Großartigsten, was ich bisher in China gesehen habe. Die Abwesenheit anderer Touristen und jeglicher Keiler machte dieses Erlebnis umso beeindruckender - und bestätigte mir einmal mehr, dass für mich das Fahren ins Unbekannte dem Abklappern berühmter Sehenswürdigkeiten hundertmal vorzuziehen ist.

Ich liebe China. Nur seine Badezimmer mag ich jetzt nicht mehr so gerne.

Freitag, 26. Juni 2009

Abschied von einem Leben

Meine lieben Bekannten und Unbekannten da draußen,
hier geht's mittlerweile rund: Mein Auszug aus dem Studentenheim am 2. Juli wird vorbereitet - Dinge verschenkt, verkauft, verschrottet, verpackt - meine kleine Abschlussreise gen Norden, gemeinsam mit der gerade aus Korea zurückgekehrten Linan, wird organisiert, für die große Abschlussprüfung wird gelernt und dazu noch viele Abschiede von Klassenkameraden und Freunden gefeiert - mit ziemlicher Sicherheit endgültige Abschiede.

Angesichts dessen ist es für mich nur logisch, dass auch das Blog hier endet. Das hat praktische Gründe - wie beispielsweise verminderten Netzzugang und unglaubliches Beschäftigt-Sein - aber auch dramaturgische (es würde bis zur endgültigen Abreise nur noch so dahintranen) und psychologische (ich verspüre kein großes Bedürfnis, mich über Rückreise-Vorbereitungen auszulassen).

Ich habe darüber nachgedacht, wie dieses letzte Posting aussehen könnte, wie ich es kreativ und/oder witzig gestalten, mit einer grandiosen Schlussfanfare aus diesem Blog-Leben scheiden könnte. Mein Resümé: Wir machen das weder kreativ noch witzig. Dieses Blog ist wie mein Leben hier: Die Höhepunkte sind verstreut, kontinuerlich, die Klimax unberechenbar. Daher ist dieses Posting nur ein einfacher Abschied.

Einerseits von meinem Leben als Student in China: Mit Sicherheit die faszinierendste, wahrscheinlich sogar die schönste Zeit meines Lebens, in der ich unglaublich viel gelernt habe - über China, über Europa, über Menschen, über Kultur, über das Reisen - und unvermeidlich auch über mich selbst. (An dieser Stelle sich jetzt bitte eine kurze, ebenso witzige wie geistreiche Zusammenfassung all der großartigen Unternehmungen und schrägen Erlebnisse des letzten Jahres vorzustellen. Würde total gut passen, wäre irgendwie ergreifend - ist aber leider fürchterlich nervig zu schreiben. Außerdem bin ich hungrig.)

Andererseits verabschiede ich mich von diesem Blog, das ein wunderbares Hobby war und gleichzeitig Dokumentation wesentlicher Eckpunkte meines Aufenthalts in China (sowie eines Tags in Uruguay), und das mich überraschenderweise sogar dazu motiviert hat, auch Dinge zu tun, die ich sonst nicht getan hätte, um danach Neues berichten zu können.

Schließlich ist es auch ein Abschied von Euch da draußen. Naja ... nicht wirklich, wie ich hoffe, aber zumindest ein Abschied von Euch als LeserInnen. Es hat mich ehrlich gefreut - und noch mehr überrascht - wie viele Menschen dieses in Wahrheit recht unraffiniert hingefetzte, völlig subjektive und oft genug auch wenig informative Geschreibsel gelesen haben - und auf welch positive, witzige und inspirierende Weise kommentiert wurde. Das hat mir auch das Gefühl gegeben, die wichtigste Erfahrung meines Lebens aktiv mit meinen Freunden - alt und neu - teilen zu können.

Taten sagen ja bekanntlich deutlich mehr als Worte. Durch Eure aktive Teilnahme an diesem meinem Blog, habt ihr sehr viel gesagt (ob's wollts oder net). Dafür - und das ist der Hauptgrund für dieses salbungsvolle Abschiedsposting - danke ich Euch von Herzen.

Liebe Grüße aus Shanghai, machts es gut, passts auf Euch auf, schauts links und rechts bevors über die Straße gehts - und auf Wiedersehen ... ich bleib noch ein Monat ];).

Clemi

Sonntag, 21. Juni 2009

Drei Herren und die Kultur

Wenn eine statistisch relevante Teilmenge der Herrenrunde nach längerer Zeit des Nicht-Sehens in einem fernen Land aufeinander trifft, dann sind höchste interkulturelle Sensibilität, Offenheit für Unbekanntes und grenzenlose Begeisterung für die feineren Dinge des Lebens eine Selbstverständlichkeit. Als die Herren Schausberger und Kurzawa gestern nach einer Woche China-Aufenthalt wieder abreisten, hinterließen sie ein Land, das einfach ein kleines bisschen besser, reicher und schöner war als zuvor. Denn in einzigartiger Weise wussten wir das Positivste aus West und Ost harmonisch zu verbinden.

Schon am Ankunftstag tauchten wir so richtig ein in die chinesische Kultur: 8.30 Uhr morgens am Flughafen - Herr Schausberger, der als erster aus London angereist war, verspeist mit mir im Burgerking einen Whopper, während wir auf die Ankunft der Maschine Herrn Kurzawas aus Moskau warten. Auch das Frühstücksbier im benachbarten Irish Pub mundet vorzüglich - ja, so gut gar, dass wir besagten Herrn Kurzawa leider ein bisschen vergessen. Erst ein wohlmeinender Anruf seinerseits nach erfolgter Ankunft ("Heast, wo seids'n es bitte?!?!") holt uns zurück in die Ankunftshalle, und so können wir - etwas verspätet - mit einem kleinen Tränchen im Auge auch das älteste Mitglied der Herrenrunde in die Arme schließen.

Entsprechend asiatisch geht es in den folgenden Tagen weiter: Sei es ein Wurschtsalat im "Paulaner Bräu", eine Ciabatta im "Café Italia" oder Capuccino im Starbucks - die zwei Herren fürchten keines der kulinarischen Abenteuer dieses Landes!

Doch nicht nur Chinas Küche wird von der Herrenrunde ausgiebig erforscht, nein, auch die Kultur kommt nicht zu kurz: Ob Babyface, G+, Soho, De la Coast oder Windows - kaum ein Nightclub wird ausgelassen, kaum eine Bar von uns verschont.

Angesichts eines so dichten nächtlichen Besichtigungsprogramms könnte der Verdacht sich regen, wir wären des Tags leiser getreten. Weit gefehlt! Mit eiserner Disziplin erheben wir uns täglich frühmorgens um 14 Uhr aus unseren Betten, um erbarmungslosem Sightseeing zu frönen: Der Clothes Market wird aufgesucht (9 Maßhemden, 2 Maßanzüge), Straßenhändlern unser Vertrauen geschenkt (eine echte Rolex um 10 Euro), ausgesuchte Qualitätstechnologie erworben (ein iPhone um 60 Euro) sowie Chinas bekannte Markenware empirisch getestet (4 Paar Nike-Socken um 50 Cent).

Wer würde uns da zu früher Abendstunde ein wenig Entspannung missgönnen? Also lernt die Herrenrunde die Freuden chinesischer Massage kennen (O-Ton Schausberger: "Ab heute lasse ich mich nur noch mit 'Majestät' ansprechen!"), ebenso wie den Full-Service der hiesigen Friseure (Kopf-, Rücken- und Armmassage, Haarwäsche, schneiden und legen bei einem Top-Figaro um 4 Euro) und das gemütliche Nachmittagsschläfchen im Park.

Ich glaube, erstmalig in der Geschichte der Langstreckenflüge haben nicht die Besucher, sondern der Gastgeber einen Jetlag zu verdauen.

Burschen: Schön, dass da warts!

Freitag, 12. Juni 2009

Die Herrenrunde in China

Ich darf Euch heute eine kleine - und im Regelfall ausgesprochen unfeine - Institution vorstellen: die Herrenrunde.

Gut, den meisten brauche ich die wohl nicht mehr vorzustellen, aber ich tu es trotzdem. Wir trafen uns - weniger zufällig als mehr unter dem Zwang der Schulpflicht - in der Unterstufe des Gymnasiums: sechs wunderschöne, hochintelligente und dazu noch erfrischend bescheidene junge Männer, die bald von einem zarten Band der Freundschaft verbunden waren, da eine geschlossene Front gegen die erschreckende weibliche Übermacht in unserer Klasse gefragt war!

Na gut, das war nicht der Grund - aber es klingt irgendwie so herrlich politisch unkorrekt. Der tatsächliche Grund war eher, dass Schausi, Nikerl, DJ, Zech, Karli und ich einen Botzn Koarl miteinander hatten, was bei dermaßen unterschiedlichen Charakteren an sich schon eine Sensation ist.

Um die Sache kurz zu machen: Seit nunmehr fast 20 Jahren(!) treffen wir einander etwa alle ein bis zwei Monate, um gemeinsam fürchterlich viel Spaß zu haben. Letzteres lässt sich einfach nicht vermeiden, wenn wir aufeinander treffen, und darum konnten auch geografische Trennungen (beispielsweise leben momentan Schausi in London, Karli in Deutschland und ich in China), Hochzeiten, Scheidungen, Kinderkriegen und diverse andere Widrigkeiten des täglichen Lebens nichts ändern.

Gut, in letzter Zeit haben wir ein bisschen weniger Karli, weil der in Deutschland lebt, als Arzt arbeitet und zwei Kinder großzuziehen hat; aber den Gesamtrunden-Koarl hat das nicht merkbar reduziert.

Normalerweise treffen wir uns ja am Samstag, 19 Uhr, Stefansplatz. Diesmal haben wir uns zur Abwechslung allerdings für Samstag, 9 Uhr, Flughafen Shanghai entschieden.

Leider darf ich dort morgen - zu meiner großen Bestürzung - leider nur die Herren Schausi und DJ mit betont männlichem Handschlag begrüßen; wir werden uns aber redlich bemühen, auch als schwache 50% in der kommenden Woche mindestens genauso viel Frohsinn, Jux und Tollerei in China zu verbreiten, als wäre die gesamte Runde vollständig versammelt.

Warum ich das schreibe? Damit Ihr Euch nicht wundert, warum man jetzt mindestens eine Woche lang nichts von mir hören wird.

Und um mich zu bedanken, bei zweien meiner besten Hawerer, dass sie tatsächlich bis nach China kommen und somit die längste Anreise auf sich nehmen, die es jemals bei einer Herrenrunde gab.

Alles Walzer! ]:)

Sonntag, 7. Juni 2009

Aha! - Wissenswertes zur chinesischen Schrift, Teil III

Hallo Kinder!
Jetzt beruhigen wir uns langsam, stellen das Schwätzen ein und finden bei dieser Gelegenheit auch gleich unsere innere Mitte. (Irgendwo in der Nähe der Leber, Hinw. d. A.)

Richtet nunmehr also Eure geschätzte Aufmerksamkeit wieder ganz alleine auf mich, da das erstens mein Selbstbewusstsein ungemein stärkt, zweitens Euren Chinesischkenntnissen echt gut tut und Ihr – gebts doch zu – sonst eh nix G’scheites zu tun habts.

Ich habe das letzte Mal um Haaresbreite die Diskussion der dritten und letzten Klasse an Schriftzeichen vermieden. Dies war ausgesprochen raffiniert von mir (und ich könnt mich selbst dafür umarmen, aber andererseits lege ich großen Wert auf meinen persönlichen Freiraum und lasse mich sicher nicht von jedem dahergelaufenen – und momentan auch noch ziemlich verschwitzten – Ich abknuddeln; ich mein, wo kommen wir denn da hin, wenn ich jedes Mal, wenn ich mich grad sehr mag, gleich sämtlichen Bedürfnissen nach körperlicher Nähe nachkommen würde? CHAOS würde daraus resultieren, sage ich Euch, CHAOS – und vermutlich auch Kreuzschmerzen, weil man sich ja, wenn man sich selbst umarmt und das auch noch ordentlich machen möchte, meistens ein bissl dieses eine Bandl zerrt, das da so links überkreuz schräg vom Schulterblatt den Rücken hinunter …

Wo war ich?

Ach ja, die Klammer muss ich noch schließen …

)

So.

Jetzt aber.

Es war ausgesprochen raffiniert von mir WEIL – und jetzt kommt’s – diese dritte Gruppe an Zeichen die wichtigste, häufigste und auch interessanteste ist. Und so darf ich Euch jetzt die „phonographischen Zeichen“ vorstellen.

Nein, die lesen sich leider nicht selbst vor. Das wäre praktisch, funktioniert aber nicht, da auch die phonographischen Zeichen – bei aller Grandiosität – leider stumme Nüsse sind.

Warum heißen sie dann so? Nun – weil sie sich aus zwei Teilen zusammensetzen.

Ich muss dazu zunächst vorausschicken (pfiati derweil, aber komm net zu spät heim), dass ein chinesisches Zeichen durchaus auch selbst Teil eines anderen Zeichens sein kann, das dann dementsprechend komplizierter aussieht. Tatsächlich kann ein Zeichen sogar mehrere andere als Komponenten enthalten, was dann optisch einen recht gedrängten Effekt („Grallawatsch“ in der Fachsprache) verursacht. Ich werde das dann gleich noch genauer demonstrieren, aber derweil glaubts mir das bitte einfach mal. Bei solchen Dingen lüge ich selten. Das wäre zu simpel.

Jeeedenfalls: Dies bitte KEINESFALLS mit jenem von mir bereits erwähnten Fall zu verwechseln, wenn ein chinesisches Wort aus mehreren Zeichen aufgebaut ist. Das ist etwas ganz anderes und auch sehr wichtiges; aber tatsächlich kann eben auch ein einzelnes Zeichen aus mehreren anderen bestehen. Bei einem phonographischen Zeichen ist genau das der Fall, wobei eine Hälfte das sogenannte „Radikal“ ist, die andere ein Phonetikum. Das Radikal ist enorm wichtig, denn es gibt einen Hinweis auf die Bedeutung des gesamten Zeichens und wird außerdem dazu verwendet, die Zeichen in einer bestimmten Reihenfolge zu ordnen – beispielsweise in einem Wörterbuch. Das Phonetikum gibt hingegen einen Hinweis auf die Aussprache.

Ich erklär das mal an Beispielen.

Sehet dieses wunderschöne Zeichen:



Jajaja, ich weiß schon: ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man wahrscheinlich wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht.

Doch sehen wir etwas genauer hin.

So, und jetzt bewegen wir die Nase wieder ein Stücki weg vom Bildschirm, weil sonst sehen wir nur Pixel, und das hilft uns auch nicht weiter. Ich meinte das mit dem „genau schauen“ eigentlich nur figurativ, denn ich werde nun in meiner unendlichen Weisheit dieses Zeichen für Euch Dumpfbacken (vgl. Beatboxen) da draußen mal ein bisschen analysieren.

Also. 想 besteht eigentlich aus drei unabhängigen, vollständigen Zeichen, nämlich: 木,目 und 心. Sie haben die Bedeutungen „Baum“, „Auge“ und „Herz“. (Jedes davon für sich genommen übrigens ein Piktogramm.) Nun sind 木 und 目 bereits zu einem neuen Zeichen zusammensetzbar, nämlich 相. Und gute Beobachter sehen schon: a-HA! (Daher auch der Name dieses Kurses) Das ist ja die obere Hälfte von 想, während das Zeichen für Herz 心 die untere Hälfte bildet.

Und das ganze ist dann ein wunderbares Beispiel für ein phonographisches Zeichen. Das Herz ist hier nämlich das Radikal. Es zeigt an, dass die Bedeutung des Gesamtzeichens etwas mit Gefühlen bzw. Eindrücken zu tun hat. Die andere Hälfte ist das Phonetikum. Wenn man weiß, wie 相 ausgesprochen wird, dann hat man auch eine ungefähre Ahnung, wie das Gesamtzeichen klingt. In diesem Fall ist das super: 相 lautet “xiang“ und 想 ebenfalls „xiang“.

Paaasst!

Leider ist es nicht immer so einfach, denn die Aussprache der Zeichen hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert, und so kommt es häufig vor, dass ein Phonetikum „Zhao“ auf eine Aussprache von „Kou“ hinweist, oder ähnliche Spompanadeln (<= Wie schreibt man das eigentlich?)

想 bedeutet übrigens „denken, wünschen, sich sehnen“ – der Bedeutungshinweis des Radikals ist generell deutlich verlässlicher als der Aussprachehinweis des Phonetikums.

Ich könnte Euch jetzt hier noch mit Beispielen ins Koma erklären – denn es gibt natürlich zigtausende davon, und die über 200 Radikale können innerhalb des Zeichens sowohl unten als auch links stehen und dabei auch noch ihr Aussehen verändern – aber ich will meine viereinhalb LeserInnen gerne noch ein Weilchen behalten, deshalb belasse ich es mal dabei.

Und widme mich einem Thema, das wesentlich unterhaltsamer ist: dem Pumukl.

Hihi, war nur Spaß – ich mach eh mit Chinesisch weiter.

Aber mit etwas, das weniger theoretisch und ganz viel lustig ist. Find ich halt. Und zwar sind das jene Zeichen, die irgendwie in dieser Klassifikation keinen Platz finden, uns Westler aber üblicherweise königlich unterhalten.

Auch sie setzen sich aus zwei (oder mehr) für sich existierenden Schriftzeichen zusammen. Sie kombinieren aber deren ursprüngliche Bedeutung zu einer neuen – was manchmal ausgesprochen originell, witzig und überraschend sein kann. Sehr oft bietet dies auch Gelegenheit, etwas über die chinesische Art zu denken, die Kultur und die Geschichte zu lernen.

Aber wer will das schon.

Also präsentiere ich hier einfach zum Abschluss ein paar der lustigsten:

木 - Baum
林 – kleiner Wald
森 – großer Wald

火 – Feuer
炎 – heiß
焱 – sehr heiß

Und jetzt noch raffinierter:

好 – links: Frau, rechts: Sohn => insgesamt: „gut“

安 – oben: Dach, unten: Frau (vgl. voriges Zeichen) => insgesamt: „Friede“

忙 – links: Herz, rechts: sterben => insgesamt „vergessen“ (Anm.: Chinesen hielten früher das Herz für den Sitz des Gedächtnisses)

盲 – oben: sterben, unten: Auge => insgesamt: „blind“

… und unendlich viele weitere solche Beispiele. Solchen herrlich logischen bzw. sogar richtig unterhaltsamen Zeichen zu begegnen, gehört für mich zu den größten Freuden des Chinesisch-Lernens. Die zweitgrößte ist es dann, in China-Lokalen blöde Kommentare über Westler zu verstehen und mich dann auf Chinesisch rächen zu können.

Aber das gehört woanders hin.

Soll ich noch einen Teil schreiben? Ich könnte mich noch ein bisschen vom einzelnen Zeichen zum chinesischen Wort hochhangeln und vielleicht auch noch ein winziges bisschen den Horror vorstellen, der die chinesische Grammatik ist.

Oder ich lass es. Wie’s wollts. Ich bin ja nicht so.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Tiananmen

Heute ist der 20. Jahrestag des "Tiananmen Incidents". Anlässlich dessen haben wir dies auch im Unterricht besprochen (was mich übrigens ziemlich überraschte). Unsere Professorin meinte: "Unsere Regierung sagt, es wären 200 Tote gewesen, ausländische Medien sagen 2.000. Ich sage, es waren zu viele."

Und das find ich ziemlich gut.

Samstag, 30. Mai 2009

Wir unterbrechen dieses Blog für eine wichtige Durchsage

Man trug mir zu, man wüsste nicht, was ich in letzter Zeit eigentlich so triebe. Man artikulierte die Befürchtung, ich würde nichts mehr unternehmen. Ja, man erdreistete sich gar der Feststellung, ich würde prokrastinieren!

Daher:

"Was sich so tat in den letzten Tagen"

(langweilig durchnummeriert, ohne meine patentierte Aufzählmethodik)

1. besuchte die "Mini Expo", eine Veranstaltung der Fudan Uni, die den Studenten die Möglichkeit gab, ihre Länder zu präsentieren. Fand dort einen Burundier, der in einem Kasachenzelt mongolisches Pferdefleisch aß, einen Saudiarabier, der mit einem Nordkoreaner von einer Malayin fotografiert wurde - sowie einige Österreicher in Lederhosen und mit "Spatzi"-Lebkuchenherzen, die ich noch nie zuvor gesehen habe. (Geistige Notiz: Hiesige Österreicher-Vermeidungsstrategie ausgesprochen erfolgreich!)
Großartige, ja, sensationelle Fotos vorhanden, aber leider unmöglich zu posten.

2. Organisierte einen Klassenabend in einer koreanischen Bar. Fand heraus, dass Ukrainisch dem Russischen doch recht unähnlich ist. Außerdem, dass mein Klassenkollege Ichikawa sowohl Physik studiert hat als auch auf Hardrock steht. Ebenso nun empirisch nachgewiesen: Schwerkraft in China nach wie vor reichlich vorhanden. (Schade um die gute Pizza.)

3. Genoss wöchentliche, Kreuz-brechende Massagen. Sorgte gleichzeitig für angemessene Akzent-Verwirrung dank Small-Talk mit Massage-Spezialisten aus vier verschiedenen Provinzen.

4. Traf eventuelle neue Sprachpartnerin in einer Hotel-Lobby und erledigte somit ganz unerwarteter Weise die Aufgabe für die gesamte Woche. Etablierte, dass der Dialekt im Norden Anhuis recht französisch klingt.

5. Sah eine hervorragende Antarktis-Dokumentation mit David Attenborough. (Koreanische Untertitel vorhanden.)

6. Absolvierte einen Karaoke-Abend mit meinen österreichisch-chinesischen Freunden Lao Ma, Steffie und Mathias, der überraschend in meine erste Live-Beatboxing-Erfahrung mündete (Video vorhanden). Erkenntnis: "Wir brauchen a Gitarr'! Des geht net, dass mir dauernd nur a Dschinderrassa-Bumm ins Mikro plärren!"
Außerdem: schlecht gebeatboxte Snare-Drum klingt schnell wie besonders saftige Blähungen und sorgt so für unbändige Heiterkeit. (Geistige Notiz: Bei Gelegenheit erwachsen werden.)
Merke weiters: "dumpfbacken" als Übersetzung für "beatboxing" lustig, aber unpassend.

7. Genoss den neuen Star Trek Film im Kino. (Erstaunlich gut!)

8. Verbrachte das Drachenboot-Fest gemeinsam mit ein paar Klassenkollegen in der Innenstadt auf der Suche nach Drachenbooten. Fanden keine. Dafür massenweise Stink-Tofu und entzückendes Altstadtviertel sowie schönen Garten. Fotografierten dickes Weiblein in rosa Pyjama beim hingebungsvollen Nasebohren. (Bildmaterial auf Anfrage erhältlich.)

9. Besuchte das Städtchen Jiaxing und entdeckte dort entzückendes Water Village - völlig ohne Touristen und Keiler. Spielte in dortiger Bar mit einem Einheimischen den sinnreichen Playstation-Heuler "Nazi Zombies" sowie Würfelpoker. Musste wegen verlorener Spiele sowohl 3 männliche Chinesen küssen, Walzer tanzen, auf der Straße ein Weihnachtslied singen als auch einen Affen imitieren.

10. Gab Englischunterricht in einer "School for Underprivileged Children". Bewies eindrucksvoll meinen Mangel an pädagogischen Fähigkeiten.

11. Half beim Brunnengraben in einem kleinen Dorf. (Grund: Gutes Herz und schlechtes Chinesisch-Hörverständnis. Gedankliche Notiz: Bei der nächsten Abstimmung nur dann die Hand heben, wenn auch verstanden wurde, wofür man sich gerade meldet. Oder zumindest die Außentemperatur unter 30 Grad beträgt.)

12. Umrundete zu Fuß den Jiaxinger "Nan Hu" ("südlicher See"). Gewonnene Erkenntnis: Überraschend groß.

13 Traf sehr netten Wohndeko-Vertreter aus Xinjiang, der mich dorthin zum Schafspieß-Essen einlud. (Anm.: Entfernung seiner Heimatstadt von Shanghai etwa 4.000 Kilometer.)

14. Versuch, die schmerzenden Schultern (Brunnengraben), Füße (Seeumrundung) und Gehirnzellen (Lehren unterprivilegierter Kinder) im Rahmen eines entspannenden Sonntags beim Vokabellernen zu erholen.

Und irgendwann sollte ich dann vielleicht auch noch ein bisschen was für die Uni tun. Mal sehen. Man kommt ja zu nix.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Aha! - Wissenswertes zur chinesischen Schrift, Teil II

Das letzte Mal erwähnte ich – dramaturgisch geschickt – drei Kategorien, in welche sich alle Schriftzeichen (mehr oder weniger) einteilen lassen.

Es wäre jetzt ur-lustig, wenn ich da nix mehr dazu schreiben würde, sondern einfach über meine letzte Reise oder das neueste Klo-Missgeschick berichten würde, hihihi.

Da ich aber den dumpfen Verdacht habe, das würde Euch uninteressiertes Pack da draußen eh mehr fesseln als mein Versuch, da ein bisschen Bildung in die Welt hinaus zu bringen, und darüber hinaus mein hehres Ziel ja stets ist, Euch möglichst viel leiden zu lassen, setze ich hier jetzt einfach mal mit der Zeichengeschichte fort.

So unoriginell das auch sein mag.

*hmpf*

Zur Sache.

Die erste Kategorie ist die lustigste, denn hierbei handelt es sich um echte „Piktogramme“, also im Prinzip mehr oder weniger vereinfachte bzw. symbolisierte Bildlein von dem Ding oder der Aktivität, die das dargestellte Wort … äh … dastellt (oder so).

Ich darf mal beispielen (hihihi, das klingt wie „beischlafen“ *kicher*):

Bei 山 erkennt man doch mit ein bisschen Fantasie einen „Berg“, oder?

雨 tröpfelt ganz eindeutig als „Regen“ vom Himmel,

口 ist für die Darstellung von „Mund“ oder „Öffnung“ zwar ein bisschen eckig, aber doch erkennbar,

门 ist ein etwas simples aber doch bequem nutzbares „Tor“, und bei

木 ist der „Baum“ mit seinen Ästen ganz gut zu erkennen.

Der zweite Typ ist ein bissi fad, denn das sind die sogenannten „Lehnzeichen“. Der Name impliziert dabei keineswegs eine gewisse Schiefe des Bildes, sondern die Tatsache, dass hier bereits existierende Zeichen mit einer neuen Bedeutung versehen werden und somit neue, erweiterte Verwendung finden. Diese schöne Eigenschaft chinesischer Zeichen ist übrigens eine der Hauptursachen, warum die verdammte Sprache so schwierig ist – weil die meisten Zeichen weiß-Gott-wieviele Bedeutungen haben, die noch dazu eine erfrischende Unabhängigkeit von jeglichen sich der europäischen Logik erschließenden Systematiken genießen.

Zu letzterem Phänomen spiele ich wiederum bei *prust*:

So gibt es gebeispielterweise ein Zeichen für „hinten“, das gleichzeitig „Kaiserin“ bedeutet, weil beide Worte die gleiche Aussprache hatten, und so kurzerhand das 后 (hou) für „hinten“ einfach auch mit der gleichlautenden kaiserlichen Bedeutung versehen wurde. So kommt es dann zu so wunderbaren, sich von Homophonen ableitenden, Mehrfachbedeutungen wie dem Zeichen 面, das (unter anderem) bedeutet: Gesicht; persönlich; Außenfläche; Flächeninhalt; Seite; Aspekt; Ausmaß; Mehl und Nudel.

Wunderbar verschwommen sind ja im Chinesischen auch die Unterscheidungen zwischen den einzelnen Worttypen – so ist man sich chinesischerseits nie so ganz im Klaren, ob ein Wort jetzt ein Haupt-, Zeit- oder Eigenschaftswort ist – oder vielleicht von allem ein bisschen etwas. Und es gibt nichts Schöneres, als im Unterricht den Charakter einer neuen Vokabel zu erfragen, und dann als Antwort zu bekommen: „Das ist ein Hauptwort. Aber auch ein bisschen ein Zeitwort. Ein Eigenschaftswort ist es nur selten – das kommt auf die Satzstellung/Tageszeit/Laune des Sprechers/… an.“

Und DAS ist für mich der Hauptgrund, warum Chinesisch so verdammt schwierig ist: Linguisten sind sich bis heute nicht einig, ob es in dieser Sprache ÜBERHAUPT eine Grammatik im eigentlichen Sinne gibt. Ich sag’s ja: Nicht so wahnsinnig gescheit. (Sorry Mathilde, hihi.)

Hm. Das wird schon wieder viel zu lang hier. Also breche ich hier ab, präsentiere aber zur Ausstimmung noch ein letztes Feuerwerk an typischen Zeichen mit ihren Hauptbedeutungen. Falls manche von Euch planen, Chinesisch zu lernen, könnt ihr ja als Vorübung einfach mal versuchen, Euch diese fünf Zeichen inklusive allen Bedeutungen zu merken. Multipliziert den Aufwand mit 1000, dann wisst Ihr ungefähr, was ich rein mit dem Vokabellernen durchmache:

投: werfen; hineinspringen; richten; zustellen; eintreten; aufsuchen; sich anpassen; schmeicheln (<= Hier haben wir etwas, das offenbar ziemlich ein Verb ist.)

上: oben; höher; erst; gehen; fahren; auftreten; überziehen; schmieren; veröffentlicht werden; anziehen; mit etw. beschäftigt sein (<= ist auch sehr stark ein Verb und nur ein bisschen ein Adjektiv)

和: mild; mit jmd. auf gutem Fuße stehen; Frieden; unentschieden; mit; und; Summe (<= Das hingegen kann sich nicht so recht für eine Wortgruppe entscheiden.)

点: Tropfen; Fleck; Punkt; etwas; Stelle; Grad; punktieren; tropfen; abzählen; auswählen; einen Wink geben; anzünden; Stunde (<= Ein ungemein praktisches Zeichen – falls einem gerade nix anderes einfällt, kann man dieses Verb/Nomen/Adjektiv/sonstnocheiniges verwenden; die Chancen sind gut, dass es auch die gewünschte Bedeutung hat.)

头 schließlich heißt – unter anderem – sowohl „Anfang“ als auch „Ende“.

Und ganz in diesem Sinne ist das jetzt hier der Anfang des Postings.

Samstag, 23. Mai 2009

Aha! - Wissenswertes zur chinesischen Schrift, Teil I

Konfuzius sagt: „Chinesische Schriftzeichen sind urleiwand!“ (frei übersetzt) – und recht hat er, der alte Mann!

Deshalb werde ich jetzt meiner wahren Berufung (= Klugscheißer) folgen und volksbildnerisch tätig werden. Lauschet, liebe Leute, diesen meinen kleinen, kursorischen Einblicken in die wunderbare Welt der chinesischen Schrift.

*Applaus*
*bescheidenes Lächeln seitens des Redners in Richtung Publikum*
*kleines Hüsteln*
*großes Wasserglas-Umstoßen*
*peinliches Herumputzen*

Wohlan …

Die chinesischen Zeichen sind die älteste sich noch in Verwendung befindliche Schrift der Welt. Etwa vor 5.000 Jahren hat sich an einem sonnigen Nachmittag irgendwo in China jemand hingesetzt, der ein wenig Zeit übrig hatte, und bei sich gedacht: „Was könnten wir denn heute so unternehmen? Das Wetter ist oasch, Kino ist noch nicht erfunden, und in den Beisln der Han-Dynastie fliegt auch nicht so richtig die Kuh. Lasset uns also eine Schrift erfinden!“ Woraufhin er (oder sie) dann etwa 80.000 verschiedene Zeichen hingekritzelt hat, um danach spontan an schwerer Ganglien-Prellung zu versterben. (Nicht ohne vorher noch die fundamentalsten Grundzüge der Gummibärchen-Zubereitung niedergeschrieben zu haben. Doch das ist jetzt nicht so wichtig.)

Diese Entstehungsgeschichte ist nicht verbürgt. Tatsache ist, dass man die ersten chinesischen Schriftzeichen auf 5.000 Jahre alten Knochenscherben fand, die zum Orakeln benutzt wurden. Seitdem hat sich das System zu dem Wahnsinn entwickelt, das es heute ist.

Nun sind Sprachwissenschaftler im Allgemeinen keine so wahnsinnig gescheiten Leute, denn niemand weiß so recht, wie viele Zeichen es eigentlich gibt: Die umfangreichste Sammlung enthält 56.000 Stück, gebildete Chinesen beherrschen normalerweise zwischen 7.000 – 8.000, ein durchschnittlich dickes Buch enthält im Schnitt etwa 3.000 – 3.500 verschiedene Zeichen. Und ich Armleuchter tu mir schon schwer, meine gut 1.500 Stück nicht ununterbrochen zu verwechseln.

Und wie funktioniert das denn nun? (Das chinesische Schreiben, nicht das Verwechseln. Meine Güte, seid’s Ihr kindisch!)

Zunächst müssen wir die Frage klären: „Was ist ein Schriftzeichen eigentlich?“

Die naheliegende Antwort: „Ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man meistens wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht“ ist zwar korrekt, irgendwie aber auch ein bisschen unbefriedigend. Wahrscheinlich wegen ihres hohen Abstraktionsgrades.

Werden wir also mit unserer Frage konkreter: „Ist ein Schriftzeichen ein Wort? Oder ist es eine Silbe? Oder wie? Oder was?“

Na, das sind jetzt aber streng genommen vier Fragen! Bin ich der Herold?

„Na komm schon, saaag!“

Nein, jetzt will ich nicht mehr.

„Warum schreibst denn dann überhaupt dieses blöde Posting, alter Depp?“

Guter Punkt. Für faktenstarke Argumente habe ich ja immer ein offenes Nasenloch. Also beantworte ich die Frage mit einem entschiedenen: Jein!

Denn früher einmal war jedes einzelne Schriftzeichen ein eigenes Wort (oder zumindest eine grammatikalische Partikel). Im modernen Chinesisch hingegen hat zwar immer noch so gut wie jedes Zeichen eine eigene Bedeutung, die meisten chinesischen Wörter setzen sich allerdings aus zwei, relativ oft auch drei Zeichen zusammen.

Das wollen wir später noch genauer besprechen. Also … ich will. Ihr müssts nicht. Ihr müssts nur lesen und so tun, als würde Euch das interessieren. Oder auch nicht. Dann bin ich aber ang’fressen.

Wo war ich?

Ach ja: Beschäftigen wir uns also einmal mit dem einzelnen Schriftzeichen an sich (<= DAS find ich übrigens total blöd! Dieses „an sich“ hat keine Bedeutung, trägt nichts zum besseren Verständnis bei, ist grammatikalisch unbefriedigend, und meines Wissens nach auch der Erlangung des Weltfriedens nicht zuträglich. Aber das nur am Rande.)

Chinesische Schriftzeichen können grob in drei Kategorien eingeteilt werden.

Aber weil das hier jetzt schon so eine unheimlich lange Wurscht ist (und es außerdem spät in der Nacht ist und ich noch gerne ein bisschen lesen will), höre ich einfach an diesem Punkt auf, lasse Euch in – zweifelsohne – unerträglicher Spannung mit diesem Cliffhanger alleine und melde mich (falls ich Lust habe) wieder mit dem zweiten Teil unserer kleinen, intellektuellen Reise, die Euch zu der Erkenntnis verhelfen wird: „Das ist ja WIRKLICH alles nur ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man meistens wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht!“

Dienstag, 19. Mai 2009

Weiter im Text: Ningbo

Ich habe erfahren, dass die gesamte Blogspot-Plattform tatsächlich von offizieller Seite gesperrt wurde. Dies ist nicht gerade eine großartige Unterstützung betreffend meine ständigen Appelle, was für ein wunderbares Land dies wäre. Aber na gut, dann machen wir halt ohne Bilderchen und sonstigen Formatierungen weiter. Stellt’s Euch diese Pixelwüste einfach als gelegentlich von einem Bonanza der Farben unterbrochen vor. Wozu hat man schließlich Phantasie.

Heute geht’s um meinen kleinen Wochenend-Trip nach Ningbo. Der war überraschend. Allerdings auf ganz andere Weise als gedacht. Und das ist ja dann immer umso überraschender.

Schon bei der Hinfahrt im Zug, als ich mit einer Schulklasse aus Neunzehnjährigen (mal wieder) gemeinsam ein paar Lieder sang, merkte ich: Etwas ist anders. Drehte sich doch tatsächlich ein Herr zu uns um und ermahnte zur Ruhe(!). Normalerweise ist dies der Chinesen größte Angst: Ruhe. Und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass in diesem Land alles getan wird, um nicht unnötige Lautlosigkeit einreißen zu lassen. Überall hupt es, schreit es, kracht, hämmert, dröhnt und röhrt es, dass es nur so eine Freude ist. Selbst die Automotoren sind hier mindestens dreimal so laut wie daheim. Und im Zug um Ruhe gebeten - anstatt angefeuert - zu werden, das kannte ich bisher nur aus Europa!

Nun liegt Ningbo, die Stadt der drei Flüsse und der größte Tiefseehafen Chinas, in der reichsten aller Provinzen: Zhejiang. Etwa so groß wie Österreich - allerdings mit siebenmal so vielen Einwohnern - werden die Menschen dieser Provinz in ganz China für ihre Cleverness und ihren Reichtum bewundert, und für ihre sprichwörtliche Arroganz vernadert.

Bei meiner Ankunft empfing mich brütende Hitze, und als ich so bei 33 Grad durch Ningbos Straßen floss, bewunderte ich die modernsten und saubersten Straßen, die ich bisher in China gesehen hatte – mit Ausnahme vielleicht von Hong Kong.

Und noch etwas verwunderte mich: Nie zuvor in China (wiederum mit Ausnahme von Hong Kong) sah ich eine derartige Konzentration von Westlern. Es gibt in dieser Stadt ein eigenes Viertel voll mit Bars, Restaurants und Clubs, das zu etwa drei Vierteln von Angehörigen der europiden Rasse bevölkert wird: „Laowai Tan“, etwa: „Straße der Ausländer“ - ein Wortspiel mit Bezug auf Shanghais berühmten „Bund“ (auf Chinesisch: „Wai Tan“).

Dort drückt man mir gleich einen Flyer in die Hand:

„Ningbo Food 2 U – Food Delivery Website for Foreigners who live in Ningbo“

Ein Service für jene, die nicht imstande oder willens sind, genug Chinesisch zu lernen, um ein paar Gerichte zu bestellen. Auch die Auswahl an Lokalen, die durch diese Firma repräsentiert werden, zeugt von großer Offenheit seitens der Klientel gegenüber der hiesigen Kulinarik: McDonald’s, Papa Jones Pizza, New York Pizza, Starbucks Coffee und Häagen-Dasz garantieren, dass wir in dieser Stadt mit dem feinsten, was unsere westlichen Länder an Speisen zu bieten haben, versorgt werden und uns gar nicht erst mit der chinesischen Küche befassen müssen. Das verwirrt nur.

Ganz entsprechend dieser erfrischenden Geisteshaltung, erfreut mich auch die Klientel dieser Gegend: wohlbeleibte westliche Herren von wenig ansprechendem Äußeren in ihren 40ern, kurzen Hosen und Schlapfen, nüchtern oder auch gerne in besoffenem Zustand – überwiegendenfalles aber in Begleitung auffallend hübscher, zumeist deutlich jüngerer Chinesinnen. Welch wundervoller Beweis, dass wahre Liebe auch über Sprachgrenzen hinweg funktioniert!

Trotz des mich angesichts dessen spontan würgenden Brechreizes und akuten Fremdschämens, betrete ich eine Bar, in der Live-Musik angekündigt wird. Diese überrascht mich – denn eine philipinische Band geigt gar großartig auf: Rolling Stones, Mister Mister und ähnliche Rockklassiker werden mit großem Können und unglaublichen Stimmen zum besten gegeben; und gerade als ich mich darüber freue, dass selbst diese Gegend etwas Nettes zu bieten hat, betritt Koarl als "Gastsänger" die Bühne.

Hier heißt er Garry, ist sogar noch blader, natürlich ein „very good friend“ des Sängers, spricht nach Jahren in Ningbo kein Wort Chinesisch und - frohlocket! - gibt Elvis Presley. Die Stimme ist nicht schlecht – doch man grooved, man rockt, man swingt, ist für einen 55-Jährigen überhaupt ausgesprochen cool … aber generell gesprochen ist ein derart massiver Hüftschwung nicht das letzte Bild, das ich von diesem Tag mit nach Hause nehmen möchte. Daher verlasse ich die Bar bald, und genieße noch einen Abendspaziergang.

Dieser, sowie eine Besichtigung der restlichen Stadt am nächsten Tag, versöhnen mich mit diesem ansonsten sehr schönen und sympathischen Ort. Für die Heimfahrt erstehe ich ein Busticket, da ich auf diese Weise die mit 35 Kilometern längste Brücke der Welt überqueren kann – und die ist ausgesprochen beeindruckend. (Das fetzt jetzt ohne Fotos natürlich wahnsinnig.)

Für meinen nächsten Ausflug aber werde ich versuchen, einen Ort auszuwählen, der ein bisschen weniger koarlt. Bei aller Liebe … ich bin in China, und nicht in Simmering.

Montag, 18. Mai 2009

The End?

Nachdem ich im Laufe der letzten Monate schon einige Male ein paar Tage lang nicht auf mein Blog zugreifen konnte und fälschlich dachte, es wäre geblockt worden, dürfte es diesmal wirklich so sein. Erstmals ist die gesamte Page www.blogger.com nicht mehr zugänglich, also wurde auf dieser Plattform offenbar etwas veröffentlicht, was den Leuteln hier nicht taugt. Dadurch komme ich zwar durch's Hintertürl noch an mein Blog, kann aber keine Bilder mehr hochladen. Momentan überlege ich daher, ob es wert ist, auf diese Art farblos weiterzumachen oder ob dieses hier mein Abschiedsposting sein soll.

Beide Alternativen haben irgendwie was Asymmetrisches, und das gefällt mir gar nicht. Es bleibt also abzuwarten, wie sich mein Ich so entscheidet. Ich überrasche mich ja immer wieder mal gerne selbst. Auf jeden Fall melde ich mich wieder - zumindest, um zu resümieren und mich gscheit zu verabschieden.

Macht's es gut bis dahin! ]:)

Donnerstag, 14. Mai 2009

Ein Jahr Volunteering in China

Heute habe ich etwas Besonderes. Meine Sprachpartnerin und beste Freundin Linan ist ja gerade in Korea, um ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen. Sie besucht dort auch Englischkurse, und in einem davon muss sie einen Vortrag halten. Diesen hat sie mir zum Korrigieren geschickt. Das Thema ist jenes Jahr, das sie als freiwillige Lehrerin in einem armen Dorf der Provinz Ningxia verbracht hat. Ich fand den Text sehr berührend und möchte ihn Euch nicht vorenthalten, da er vielleicht auch ein wenig dabei hilft, die Vorurteile von den grausamen und unterdrückerischen Chinesen zu relativieren. Ich selbst verabschiede mich nun für zwei Tage nach Ningbo, da das Reisefieber wieder zuschlägt. Falls es dort interessanter ist als ich erwarte, gibt's dann vielleicht wieder ein paar Fotos.

Aber zunächst zu den besseren Menschen.

"Hello everyone, my name is Linan. Today I will introduce volunteer jobs in one of China’s country schools.

Let’s begin with a picture: I would like to ask you to use your imagination and think how it would feel if you lived together with 50 roommates and your meals consisted only of a piece of dry bread with a glass of icy water. Of course, this has no taste, so you can choose to eat it with garlic or onion. There is also a students’ dormitory: three boys have to share two beds, because there isn’t enough room for all students, and 54 students have to live together. At lunch time, four boys were having their bread - we call it “momo” in Chinese - even without any water and “proper” dishes.

This is what I saw and experienced in the last year. Maybe teaching students in a poor mountain village school in China may not sound fun to you. However, it changed my life. When I graduated from Shanghai Fudan University in 2007, I spent one year as a volunteer teacher in Ningxia Hui Minority Autonomous Region, which is located in the west of China, together with six other colleagues. Since 1997, the Ministry of Education and the Chinese Young Pioneers started this volunteer teacher program. Every year they send more than 100 volunteers from different universities to teach in China’s rural areas. As one of the most famous universities in China, Fudan university sends up to 20 volunteers to teach in the Ningxia region every year, who are assigned to different schools; seven of these volunteers are sent to Sanhe school, where I have taught junior students English.

In the past 30 years, China’s economy developed quickly. While we are proud of the huge social development and improvement we have achieved, we are constantly aware of the obvious gap between cities and rural areas, between the east and the west of our country. The larger the gap is becoming, the more volunteers work in rural areas. Today I would like to introduce what volunteers have done to change the Sanhe school within ten years, even if it’s very difficult and complicated, and introduce how the volunteering experience changed the lives of the volunteers themselves.

In the process of industrialization, every country has to face the problem how to help farmers shake off poverty. As GSIS students, we are supposed to give this general international phenomenon a lot of thought. I would be very grateful if you could listen closely and give me some suggestions.

Before I applied for being a volunteer, I was always asked the question what I could change if I only spent one year in that rural school. At that moment I didn’t know how to answer. After having experienced a totally different kind of life and finished my volunteering job, I noticed a huge change in me. When I look back to what all these volunteers have achieved in the past ten years, I can find obvious changes as well.

2004 there was only one teaching building in San He School
2005 a new white teaching building was established
2006 a new garden and cement basketball court were built
2007 the third cement basketball court was built and some buildings newly decorated

In the past five years, based on government investment, the basic facilities have been rebuilt. With an increase of funding, the government can guarantee compulsory education among elementary schools, provide students textbooks for free and exempt any tuition fees, but there is still a lack of teachers, especially to teach students English and Arts. Thus, to try ones best to be a good teacher is the main job for every volunteer

Last year in San He school, five volunteers taught English, one was a mathematics teacher, one was responsible for Chinese. Besides our main subjects, we also taught the students music and art, and sometimes also trained them to play basketball.

How can you be a good teacher? This was our first challenge. When we were in Shanghai, we spent over six months to take all kinds of training, for example, we taught in the city’s migrant school, and listened to a professional lecture by some experienced, excellent teachers. But however many preparations we accomplished, when we finally went there, we still
encountered lots of problems. It did take a great deal of time to think and discuss how to make the English class more interesting, how to raise students’ grades, how to help them to learn more. In the last year, I was a teacher, but at the same time I was also a student. So when I stood on the platform imparting knowledge, I was in the process of teaching myself.

Being volunteers, apart from teaching, we also had other responsibilities. Like distributing scholarships to excellent students and allocating donations to poor students, all money received from education foundations, which have been cooperating with Fudan University for a long time. Last year, the US enterprise Amway donated money for the third cement basketball court, “Chen San Mei” and “Tong Yeye” education foundations donated more than 10 million dollars as scholarships.

Besides raising money for students, we also collected books and clothes for students, sometimes organised social assistants for students who were in trouble. I would like to share a story about a little girl named Huanhuan, 4 years old. In Chinese, “huanhuan” means joyful and happy. But this little girl had to suffer a tough life, since she was born with a serious heart disease, but her family is too poor to afford her operation. It’s such a pity we were not rich enough to pay her operation fees. At that time, we had a special visitor, Zhaoming, who graduated from Fudan University in 2001 and worked as a journalist for the Shanghai media group. Due to his efforts, Huanhuan received a huge sum of donations from a foundation and was successfully operated in the best children hospital in Shanghai.

In addition, with ten years of developments, volunteers are becoming increasingly concerned with the mass media. In the last year, we have given lots of interviews, like for the Japanese NHK TV station and local newspapers. When society started to focus on us, the students also had many chances to interact with the outside world. Generally speaking, the more interviews the students gave, the more people will know about their work and give them the necessary help. Last year, my German friend Wolfgang visited this small school. He was not the only foreign visitor, and students there can have opportunities to talk with foreigners because we worked there. Through this kind of communication, we hoped to open their eyes and impart the concept of globalization onto them, stimulating them to study English as well as they can.

Furthermore, we helped the school to organize arts activities, not only as directors to rehearse the students’ performances, but also took advantage of our free time to practice singing songs. This was a good chance to enforce communication between villagers and volunteers. All of these made our lives more beautiful and interesting.

How to get accustomed to village life as soon as possible is another big challenge for every volunteer. All of us grew up in cities, the dry and cold weather in the western part of China seriously affected the volunteers who came from Shanghai with its warm and humid climate. This region suffers from shortage of water, so the first lesson we needed to learn was about saving water. There was no bathroom in this village, so if we wanted to have a bath, we usually spent two hours to take the bus to the nearest town. When we were busy or completely exhausted and wanted to do nothing but rest, we have experienced taking a bath only once a month. When winter was coming, the cold might weaken our health, but even minus 20 degrees could not freeze our enthusiasm to work and live in this peaceful country. Since all of us are the only children in our respective families, this was the first time we learned how to care for friends who were sick, how to get along well with people of different characters, and how to overcome difficulties through team work.

The boys behaved like gentlemen and were in charge of all hard work, carrying water and coal; the girls mostly prepared delicious and creative food, like a birthday cake made of potatoes, portraying everyone’s face on the rice with tomatoes. Although the meals were without meat, the dish where most of the nutrition came from was called friendship. There we were, far from the prosperous city life, with no cinema, park, supermarket, or business districts. However, thanks to the internet, we still had contact with the outside world, thanks to nice friends we still had a lot of fun, thanks to our common dreams, we could enjoy every day happily.

Around us, there were only diligent students. No matter how cold it was, they had gotten used to getting up early to study, No matter how dark the evening was, they lit a candle to continue to study. No matter how difficult English is, for the pursuit of their dreams, they never gave up. On the weekends, I often went to my students’ homes. I wanted to see what their lives were like, what kind of help they would need. They are villagers who live in deep poverty; but at the same time, they are the most optimistic, most friendly and strongest people whom I have ever met. I was deeply touched. The more I experienced, the more I changed. Being a volunteer taught me the importance of cherishing time and opportunity; being a volunteer let me notice how happy you can be if you can help other people; being a volunteer granted me precious friendships and unforgettable memories; being a volunteer showed me the meaning of life, to be “the salt of the earth”. Just as the salt’s mission is to permeate, season, and purify things on earth, it’s our duty to make active use of our intelligence, our principles, and our faith, for the seasoning, the cleansing, and the saving of the world."

(Reproduced with friendly permission of Li Nan, 05/2009)

Samstag, 9. Mai 2009

Ode an Xitang

Am Donnerstag, den siebten Mai im Jahr des Herrn 2009, begab es sich,
dass Lehrkraft Tan uns grob im Stiche ließ:
Ob itzumal uns unbekannter Ursach, gab an diesem Tag die Frau uns keinen Unterricht.

Ich, gram ob nicht genutzter Stund, gewohnt dem morgendlichen Fest des Geistes da zu frönen,
frug mich ernst, was es denn da zu tun noch gäb.
Zum Schlusse kam ich bald, denn um die tausend Jahr' bevor ich selbst das Licht der Welt erblickt, stand es schon da, das kleine Dörflein Xitang.

So nah Shanghai gelegen, dass Zug und Bus dem Winde gleich den Reisenden nach kaum zweistünd'ger Reise in das Dörflein bringen kunnt.
Also beschloss ich, diesen Ort, ein Wasserdorf, mir anzusehn. Doch wollt ich dies - entgegen sonstigem Gepflege - allein nicht tun.

Erfahrung will mit anderen geteilet sein, und so ward meinerseits der Freunde reiche Zahl, die just da auch des Lehrens frohe Kunde nicht genießen konnt', eingeholt,
und auch sonst was so zu tun für eine Reise zu erled'gen war.

Der Tag begann für uns zur Stund als noch der Hahn im weichen Bett aus Stroh die rauhe Kehle nicht zur Tat erwecket hat,
die Sonn' den Horizont noch nicht verließ und fast die Dunkelheit uns zagen ließ, des Morgens frische Luft den Tatendrang zu zügeln auch verstand.

Verteilt auf Kutschen, reich an Zahl, verließen elf verzagte Herzen Sicherheit und Unterkunft,
der ungewissen Zukunft strebt man so entgegen, stolz die Brust und kühn die Stirn, allein:
Es stauet sehr auf Shanghais alten Straßen.

Es dauerte gar ewiglich, bis dort am Horizont des Bahnhofs hohe Hallen endlich unser ungeduld'ges Aug erfreuten.
Löwengleich stürzt' so der Reisegruppe stolpernd Bein von Straßenrand zur Gehsteigkant', den Gleisen stets entgegen.

Kaum ward noch Zeit, als unser solchermaßen morgendlich getrimmter Körper endlich das Gefährt erreicht.
Ein strenger Blick, ein kurzer Schrei, die Türe schließt - schon fährt man los; dem Ziele doch noch bald entgegen.



Doch lasst mich nun mit Bildern sagen, was der Mund so unvollkommen sonst nur wiedergeben kann:




Der Freunde viel - der Spaß ist groß,
das Dorf ist alt, gleich geht es los.
Man stürzt sich kühn in Wasserstraßen!
(Zuerst jedoch das Wasserlassen.)

Ein Wasserdorf, soviel ist klar,
hat Häuser, Straßen und - no na -
auch Wasser, wo das Parken schwer.
Kein Auto stört das Häusermeer.

Die Wasserwege kreuzen munter
links und rechts die Straßen runter,
der Mensch flaniert auf dem Asphalt,
Kanal befährt das Bötlein halt.

Das Schöne an der Gruppenreise:
Unbemerkt, ganz still und leise,
bahnt sich echte Freundschaft an,
und langsam findet Mann zu Mann.

Als wir dann später essen geh'n,
beeindruckt Maki außerdem
mit Erhu-Spiel und alten Weisen,
während alle and'ren speisen.

Gott, die Welt ist doch ein Dorf:
Nam Hee trifft - bekannt vom ORF -
Tom Cruise der just hier sehr sensibel
spielte "Mission Impossibel" (<= Betonung auf dem "i")

Wie überhaupt in dieser Stadt
das Schöne deutlich Vorsprung hat:
Andy zeigt im Parke drinnen:
Echte Schönheit kommt von innen.

Wohingegen diese beiden
unter ihrem Ausseh'n leiden.
Denn wo das Äuß're zu perfekt,
bleibt inn're Schönheit oft versteckt.

Doch selbst der Löwe, der aus Stein,
kann hier wirklich stilvoll sein:
Nicht nur fetzt solch Kopfgewand -
es schützet auch vor Sonnenbrand.

Nun ist auch der gesamte Ort
der Lieblichkeit und Grazie Hort.
Wir woll'n das auch vom Wasser seh'n,
weshalb wir flugs zum Hafen geh'n.

Die Sicherheit kommt hier zuerst:
Denn wenn Du mit dem Schiffe fährst,
trag' Sorge stets zu dieser Frist,
dass Du nicht allzu zahlreich bist.

Wir mieten uns ein eigen' Boot.
Das Antlitz - von der Sonne rot -
wird hier zum Bug nach vorn gereckt:
Hayato dort Talent entdeckt.

Im Hintergrund die alten Gassen,
Brücken, Häuser - sie verblassen,
sind als Motiv schnell abserviert,
wenn er sich modelnd präsentiert.

Doch langsam geht der Tag zu Ende,
und weil man gern den Ort noch fände,
wo die Heimfahrt später startet,
und der Bus nicht auf uns wartet ...

... ist Zeit bald für das Abschiedsbild,
ich knipse Taka, der wie wild,
seinerseits Diana schießt,
die auch Fotografie genießt.

Montag, 4. Mai 2009

Lehrerin Tan - eine Frau wie ein Vorschlaghammer

Seit heute liegen alle Prüfungsergebnisse vor - und ich bin überrascht! Ich litt ja noch nie unter überstarker Bescheidenheit, also will ich auch diesmal meiner Freude offen und präpotent Ausdruck verleihen. Nämlich der Freude darüber, dass die Resultate um einiges besser sind als erwartet:
  • Schreiben: 85%
  • Sprechen: 93%
  • Hören: 95%
  • vertiefendes Lesen: 98%
  • vertiefendes Schreiben & Grammatik: 94%

Bei aller Bescheidenheit: Yeah!
Die größte Überraschung war dabei unser Hauptfach: vertiefendes Schreiben & Grammatik. Hier befürchtete ich schon das Durchfallen, erfuhr aber heute, dass ich das klassenbeste Ergebnis eingefahren hätte. Ich gestehe: Darauf bin ich wirklich stolz. Nicht nur bedeutet es mir persönlich sehr viel - vor allem brachte es mir auch Lob von unserer Oberlehrerin, Frau Tan, ein.

Und das heißt was.

Denn diese Frau ist ein Hammer. Als oberste verantwortliche Professorin für die Sprachlehrgänge für Ausländer ist sie nämlich vom heiligen Ehrgeiz getrieben, ihre Klasse zur besten zu machen - koste es was es wolle.

Und was es normalerweise kostet, ist die Seele ihrer Studenten.

Drastischer Initial-Europäerschwund
Wir Sprecher europäischer Sprachen haben gegenüber Angehörigen des ostasiatischen Kulturkreises ja gewisse Nachteile im Erlernen des Chinesischen; sei es weil wir (im Gegensatz zu Japanern und Koreanern) die Schriftzeichen nicht gewohnt sind, oder auch nicht (wie Auslandschinesen, Thailänder oder Vietnamesen) über grundlegende Erfahrung mit einer tonalen Sprache verfügen. Nicht zuletzt deswegen gehören wir Westler in den Sprachklassen zumeist nicht zu den Besten.

So richtig vor Augen geführt wurde uns dieser Umstand in der ersten Woche mit Klassenvorstand Tan, innerhalb derer sie durch hocheffiziente Kritik den Europäer-Anteil unserer Klasse rapide auf nunmehr 3 : 25 absenkte. Dafür ist unsere Gruppe jetzt - wie sie oft betont - die beste von allen fünf Klassen des gleichen Levels.

Erfrischende Offenheit
Lehrerin Tan ist eine Frau von hinterhältigem Humor - und jener typisch chinesischen Offenheit, für die ich dieses Land so liebe. Ich selbst bekam zu hören, meine Schriftzeichen wären die hässlichsten, die sie je gesehen hätte; was aber wiederum nur konsequent ist, denn ich selbst wäre auch nicht besonders gutaussehend. Eine eigentlich ausgesprochen ansehnliche Klassenkollegin wurde von ihr hingegen mit großer Begeisterung und vor der ganzen Klasse als Beispiel für die Verwendung der schönen Vokabel "dick" herangezogen, ein japanischer Kommilitone musste als Anschauungsobjekt für das grammatikalische Konstrukt "... sogar noch kleiner als ..." herhalten. Nach mäßiger Leistung bei den Hausaufgaben schließlich darf man ebenso wohlmeinende wie ausführliche öffentliche Analysen über sich ergehen lassen, warum man um so viel schlechter sei als dieser oder jener Kollege. Dies ist besonders effizient, weil gleichermaßen peinlich für den Getadelten wie den indirekt Gelobten.

Grammatikalischer Tod, tödliches Lob
Wenn wir schon bei Peinlichkeiten sind: Lehrerin Tan ist auch ein großer Fan kontroversieller Diskussionen, an denen besonders unsere an einen traditionell höflichen Umgangston gewöhnten japanischen Klassenkollegen ihre helle Freude haben. So richtete sie beispielsweise letzte Woche die Frage an individuelle Studenten, was wir denn über Mao Tse Tung dächten. Allgemeines Herumgedruckse unsererseits, glänzend amüsiertes Grinsen ob unseres sichtlich peinlich berührten Schweigens ihrerseits. Endlich findet sich ein Kollege, der der Meinung Ausdruck verleiht, Herr Mao wäre kein guter Mann, weil er sehr viele Menschen getötet hätte.

Daraufhin verschmitztes Grinsen seitens unserer Lehrkraft - direkt gefolgt von einem längeren Vortrag über die grammatikalische Verwendung des Wortes "jemanden töten/umbringen".

Und von dieser Frau erhielt ich heute Lob: "Also, wenn es sogar unser Westler hier schafft, so eine tolle Note zu schreiben, dann könnt ihr Japaner und Auslandschinesen euch aber schön genieren!"

Raue Schale, weicher Kern
Ich gestehe: Ich mag die Frau. Man weiß stets, woran man ist, und wenn man sich erst einmal an offene Kritik (gefolgt von dröhnendem Gelächter) gewöhnt hat, kann man es durchaus auch mit gleicher Münze zurückzahlen, was ein großer Spaß und ausgesprochen erfrischend ist. Außerdem ist die Dame sehr kompetent und wich eine ganze Nacht lang nicht von der Seite des Spitalbettes eines amerikanischen Mitstudenten, dessen Blinddarm überraschend entfernt werden musste.

So darf ich zum Abschluss zur allgemeinen Weiterbildung noch einen kleinen, filmischen Einblick in meinen täglichen Unterricht bieten und präsentiere: Lehrerin Tan in Action!

Samstag, 2. Mai 2009

Go West in Pictures - V: Der Koko Nor

Jajajaja, bin ja schon da. Man kommt ja zu nix, irgendwie - daher auch dieser mein nun wirklich allerletzter Reisepost, gewissermaßen mit der Verspätung der Könige. Denn ich kann mich nun wieder daran erinnern, warum ich den Koko Nor vom übrigen Qinghai getrennt habe. Also ... nur thematisch, versteht sich. Der ist schon noch in Qinghai, der See. Nur seine Fotos sind jetzt da. Ihr versteht?

Egal, der Grund ist: Es war so schön dort, dass ich einfach ein paar Fotos mehr uploaden, und die grandiose Gegend um Xining gewissermaßen als Höhepunkt zum Schluss präsentieren wollte. Wie üblich spiegeln die Fotos natürlich genau das nicht wieder, was am beeindruckendsten war: die kristallklare Luft, und die unglaubliche Weite und Einsamkeit der Landschaft, in der man sich so richtig verlieren kann. Dafür sind sie aber schön bunt, die Bilderln, weil in der Höhenluft selbst meine Kamera ordentliche Farben zusammenbringt.
"Bunt" und "König" sind auch gleich dramaturgisch elegante Stichwörter, um mit den Fotos zu beginnen ...

... denn bunt und königlich war jener tibetische Palast tatsächlich, den wir auf unserer Fahrt zum See als erstes besuchten. Und damit hat es sich auch schon wieder mit meiner eloquenten Beschreibung, denn ich habe immer noch nicht den leisesten Schimmer, was wir da eigentlich gesehen haben. Die chinesischen Schriftzeichen lesen sich ungefähr wie "...bulinka", und die ganze Hütte hat etwas mit dem großen Herrn in der Mitte dieses Fotos zu tun. Das kommt davon, wenn man glaubt, einer chinesischen Reisegruppe folgen zu müssen und folglich einen Schmarrn versteht.

Unsere Fahrt führt uns auch an einigen der spärlichen, winzigen Dörfern der Umgebung vorbei. Diese verstecken sich häufig hinter einer gemeinsamen Mauer und sind größtenteils aus Lehm- oder Lehmziegeln gebaut.

Von oben sieht man das etwas besser - auch wenn der Blick leicht von den Fünf- und Sechstausendern im Hintergrund abgelenkt wird.
Fast wünscht man sich da, den Hansi Hinterseer schalmeiend durch die Landschaft wandern zu sehen! (Vorwiegend, weil der in der Höhe nämlich dersticken tät, harharhar.)

Im tibetischen Hochland lebt man fast ausschließlich von der Tierzucht. Da gibt es Schafe ...

... oder auch Yaks, die an vereinzelten, strategischen Punkten den neugierigen Touristen auch im wahrsten Sinne des Wortes nähergebracht werden. Sowohl Fleisch als auch Milch dieser urtümlichen Wuschelviecher sind übrigens ausgesprochen wohlschmeckend.

Der gegenständliche strategische Punkt ist übrigens der Sonnen- und Mondpass - und einer der eindrucksvollsten Orte, die ich jemals gesehen habe. Zwar werden wir auf dem Parkplatz von tibetischen Händlern überrannt, die unsere, auf fast 3.600 Metern Seehöhe dramatische Kurzatmigkeit ausnutzend, ununterbrochen auf uns einreden ...

... aber die Panoramen sind absoluter Wahnsinn.

Der Rundumblick ist ohne Fish-Eye-Objektiv unmöglich angemessen wiederzugeben, daher stattdessen eine Detailstudie des höchstgelegenen Bauwerks, das ich jemals mit eigenen Augen gesehen habe.

Und dann endlich: der allererste Blick auf den Koko Nor! Ich vibriere vor Aufregung und Begeisterung ... die allerdings von meinen Mitreisenden nicht unmittelbar geteilt wird.

Das kleine Hafenörtchen, in dem wir aussteigen, ist niedlich, strahlt aber eine ungeheure Abgelegenheit aus. Nicht nur die Landschaft ist hier weit, auch mit der Lebensweise nimmt man es nicht so eng. Da wird das Klo schon mal zum Drive-in-Häusel ...

... während auf der Hauptstraße nicht gerade die Kuh fliegt. Sie geht zu Fuß.

Allgegenwärtig auch am See: buntes, heiliges, tibetisches Zeugs.

Woraufhin - verschämt gesteh' ich's - ein etwas unwürdiges Schauspiel einsetzt. Ich verliere auch noch den letzten Rest aller eventuell noch vorhandener Würde und lasse mich ungeniert fotografieren: eine Gebetsmühle drehend, ...

... mit meinem neuen Freund aus Nanjing vor dem See, und zur Abrundung ...

... der Welt gleichsam optisch: "Ja, ich war wirklich dort!" zurufend, dasselbe gleich nochmal, diesmal mit unserer kleinen Führerin aus Xining.

Dann wetze ich los, um die Ufer des Sees noch ein wenig auf eigene Faust zu erkunden und treffe auf eine Gruppe berittener Hirten ...

... ebenso wie solche, die auf modernere Verkehrsmittel vertrauen ...

... wie überhaupt Tradition und Moderne hier oben ganz gut miteinander können. Da parkt vor dem Nomadenzelt schon mal der dicke VW. Übrigens ausgesprochen freundliche Leute, diese Nomaden. Wenn man nicht sehr aufpasst, wird man sofort zu einer Tasse Tee eingeladen.

Den Abschluss der Reise, die hier, etwa 2.700 Kilometer von Shanghai, ihren westlichsten Punkt erreicht hat, bildet ein kurzer Besuch der Hochwüste in der Nähe des Sees. Hier trollen sich Esel und Kamele - und wir einsame 13 Touristen, von denen an genau diesem Ort noch ein Gruppenfoto gemacht wird, das ich am nächsten Morgen überraschend in meinem Zimmer finden soll.

Jo.

Das ist jetzt irgendwie so ein bissl eine Exhibitio Interrupta, weil eine derartig umfangreiche Bilderflut eigentlich mit einem optischen Paukenschlag aufhören sollte. Und nicht mit einem einsamen Eselchen im Sand.

Aber da weiß ich was: Ich lade einfach noch einen akustischen Paukenschlag hoch und verabschiede mich reiseberichttechnisch mit ein paar tanzenden Chinesen. Die sind immer lustig.

Macht's es gut, und danke für die wirklich langwährende Aufmerksamkeit!

Sonntag, 26. April 2009

Go West in Pictures - IV: Provinz Gansu & Provinz Qinghai

Nach der aufreibenden Prüfungswoche wird es Zeit, die Bilderpostings langsam einem Ende näherzuführen. Daher kommt gleich heute das vorletzte dran.

Für dieses habe ich die Provinzen Gansu und Qinghai zusammengelegt. Warum weiß ich nicht mehr. Als ich mich dazu entschlossen hatte, machte es noch irgendwie Sinn, aber mittlerweile habe ich das erfolgreich verschwitzt. Jetzt sind die Fotos schon mal hochgeladen, also müssen wir alle eben damit leben.

Lasset uns gleich beginnen.

Wie üblich zunächst einige Fahrtimpressionen. Gansu ist eine Provinz, die zum größten Teil aus Wüsten und Halbwüsten besteht. Dementsprechend üppig bevegetiert ist dann auch die Landschaft, die sich mir beim Blick aus dem Fenster bietet. Acht Stunden lang ziehen die wildesten Lehm- und Felsformationen an mir vorbei, bis ich in Lanzhou ankomme.

Da ich ja nur zwei Nächte bleibe, checke ich gleich ins nächstbeste Hotel am Bahnhof ein. Das Gewicht des Rucksacks des fröhlichen Reisenden ist mittlerweile aufgrund diverser, herrlich sinnloser Einkäufe bereits in die Dimensionen eines familienfreundlichen Kleinwagens vorgestoßen, daher bin ich froh, es möglichst schnell abwerfen zu können.

Lanzhou ist jene Stadt, von deren Besuch die Reiseführer üblicherweise abraten. Dabei ist alleine die unwirkliche Lage, eingezwickt in ein enges Tal am Hoangho (Gelber Fluss), meiner Meinung nach absolut sehenswert.

Wenn's wo trocken is, kriegt ma an Durscht. Und da das auch für Pflanzen gilt, sind die meisten Hügel um Lanzhou von Bewässerungssystemen in Form von Wasserterrassen und Kanälchen durchzogen, die eine auffällige Ähnlichkeit mit den hiesigen Klos aufweisen.

Eine der wenigen klassischen Sehenswürdigkeiten Lanzhous ist der Fünf-Quellen-Berg mit seinen Tempel- und Parkanlagen. Sehr hübsch, wenn auch unbequemerweise recht vertikal.

In einem der Parks stieß ich auf diesen freundlichen ZZ-Top-Fan, der seinen Lebensunterhalt offenbar mit Freiluft-Akupunktur verdient.

Da ich Hirni postingtechnisch zwei Provinzen zusammengelegt habe, muss ich mich einschränken. Somit ist anbei bereits das Foto der Weiterfahrt nach Qinghai zu bewundern. Die letzte Provinz meiner Reise ist gleichzeitig die ärmste und trockenste. Die Siedlungen werden hier immer niedriger und ärmlicher, entbehren aber nicht einer gewissen Ästhetik.

Xinings Atmosphäre ist mit keiner anderen chinesischen Stadt vergleichbar, die ich bisher besucht habe. Selbst das moderne Zentrum wirkt nicht zuletzt aufgrund der gleißenden Höhensonne und des tiefblauen Himmels irgendwie wesentlich weiter und offener als gewohnt.

Eine Viertelstunde Spaziergang vom Zentrum entfernt beginnen bereits die Vororte, deren Bewohner bei aller Bescheidenheit doch größten Wert auf wohlgeschmückte Haustüren legen.

Die Felder der Umgebung bestechen nicht gerade durch übermäßige Saftigkeit.

Dafür bringt das bunte Nationalitätengemisch dieser Stadt reichlich Farbe ins Straßenbild. Seien es bummelnde Tibeter auf einem Parkplatz ...

... oder spazierende Hui vor der Großen Moschee.

Eine zurzeit noch recht zerfallene, sich aber bereits in heftigster Renovierung befindliche Tempelanlage ist der Bei Chan Si - mit seiner halsbrecherischen Lage mitten in einer vertikalen Felswand.

Vor seinen Toren kann man sich wie üblich mit Räucherstäbchen eindecken ...

... auch wenn angesichts des Eingangs meiner Meinung nach isotonische Getränke und schnellwirkende Anabolika sinnreicher wären.

Um die oberen Regionen der Anlage zu erkunden empfiehlt es sich, neben tiefgläubig auch schwindelfrei zu sein.

Gröbere Felsspalten und Abbrüche werden zum Glück durch vertrauenserweckende Stege überbrückt.

Man muss anerkennen: Die Chinesen schaffen es sogar, auf dem einsamsten und weitesten Hochplateau größtmöglichen Platzmangel zu simulieren, indem sie Bauwerke einfach in winzige Felshöhlen quetschen.

Diese bieten dann auch eine gewisse, wenn auch etwas gruselige, Gemütlichkeit ...

... wobei aber heilige, taoistische Gemälde dem Verzagten stets Trost und Ruhe spenden.

Von hier oben ist der Ausblick auf die Stadt allerdings unglaublich.

Der Hauptgrund für einen Aufenthalt in Xining ist für die meisten Touristen das nahe Kloster Kumbum, Geburtsort des Gründers der tibetischen Yellow Hat Sekte und nicht zuletzt deshalb eines der sechs großen Klöster des tibetischen Buddhismus.

Es ist übrigens wirklich groß. An jeder Ecke rennen Mönche herum, und überall stinkt's nach Räucherstäbchen und ranziger Yak-Butter. Letzteres vorwiegend wegen der berühmten Butter-Skulpturen, die man dort bewundern, allerdings nicht fotografieren kann.

Die Tempel des Klosters sind ganz anders als die chinesischen, die ich bisher sah: viel Holz, alles sehr eng und dunkel - und das tibetische Element ist in der gesamten Anlage nicht zu verleugnen.

Unser heutiges Abschlussfilmlein zeigt noch einen Ausschnitt der im betreffenden Posting erwähnten Open-Air-Amateurdarbietung einer chinesischen Oper - mit den coolsten Seniorenmusikern seit Buena Vista Social Club.

Das letzte Posting dieser Serie wird sich meinem großen Endziel widmen: dem Koko Nor und seiner Umgebung, um dies auch gebührend zu illustrieren.