Samstag, 23. Mai 2009

Aha! - Wissenswertes zur chinesischen Schrift, Teil I

Konfuzius sagt: „Chinesische Schriftzeichen sind urleiwand!“ (frei übersetzt) – und recht hat er, der alte Mann!

Deshalb werde ich jetzt meiner wahren Berufung (= Klugscheißer) folgen und volksbildnerisch tätig werden. Lauschet, liebe Leute, diesen meinen kleinen, kursorischen Einblicken in die wunderbare Welt der chinesischen Schrift.

*Applaus*
*bescheidenes Lächeln seitens des Redners in Richtung Publikum*
*kleines Hüsteln*
*großes Wasserglas-Umstoßen*
*peinliches Herumputzen*

Wohlan …

Die chinesischen Zeichen sind die älteste sich noch in Verwendung befindliche Schrift der Welt. Etwa vor 5.000 Jahren hat sich an einem sonnigen Nachmittag irgendwo in China jemand hingesetzt, der ein wenig Zeit übrig hatte, und bei sich gedacht: „Was könnten wir denn heute so unternehmen? Das Wetter ist oasch, Kino ist noch nicht erfunden, und in den Beisln der Han-Dynastie fliegt auch nicht so richtig die Kuh. Lasset uns also eine Schrift erfinden!“ Woraufhin er (oder sie) dann etwa 80.000 verschiedene Zeichen hingekritzelt hat, um danach spontan an schwerer Ganglien-Prellung zu versterben. (Nicht ohne vorher noch die fundamentalsten Grundzüge der Gummibärchen-Zubereitung niedergeschrieben zu haben. Doch das ist jetzt nicht so wichtig.)

Diese Entstehungsgeschichte ist nicht verbürgt. Tatsache ist, dass man die ersten chinesischen Schriftzeichen auf 5.000 Jahre alten Knochenscherben fand, die zum Orakeln benutzt wurden. Seitdem hat sich das System zu dem Wahnsinn entwickelt, das es heute ist.

Nun sind Sprachwissenschaftler im Allgemeinen keine so wahnsinnig gescheiten Leute, denn niemand weiß so recht, wie viele Zeichen es eigentlich gibt: Die umfangreichste Sammlung enthält 56.000 Stück, gebildete Chinesen beherrschen normalerweise zwischen 7.000 – 8.000, ein durchschnittlich dickes Buch enthält im Schnitt etwa 3.000 – 3.500 verschiedene Zeichen. Und ich Armleuchter tu mir schon schwer, meine gut 1.500 Stück nicht ununterbrochen zu verwechseln.

Und wie funktioniert das denn nun? (Das chinesische Schreiben, nicht das Verwechseln. Meine Güte, seid’s Ihr kindisch!)

Zunächst müssen wir die Frage klären: „Was ist ein Schriftzeichen eigentlich?“

Die naheliegende Antwort: „Ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man meistens wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht“ ist zwar korrekt, irgendwie aber auch ein bisschen unbefriedigend. Wahrscheinlich wegen ihres hohen Abstraktionsgrades.

Werden wir also mit unserer Frage konkreter: „Ist ein Schriftzeichen ein Wort? Oder ist es eine Silbe? Oder wie? Oder was?“

Na, das sind jetzt aber streng genommen vier Fragen! Bin ich der Herold?

„Na komm schon, saaag!“

Nein, jetzt will ich nicht mehr.

„Warum schreibst denn dann überhaupt dieses blöde Posting, alter Depp?“

Guter Punkt. Für faktenstarke Argumente habe ich ja immer ein offenes Nasenloch. Also beantworte ich die Frage mit einem entschiedenen: Jein!

Denn früher einmal war jedes einzelne Schriftzeichen ein eigenes Wort (oder zumindest eine grammatikalische Partikel). Im modernen Chinesisch hingegen hat zwar immer noch so gut wie jedes Zeichen eine eigene Bedeutung, die meisten chinesischen Wörter setzen sich allerdings aus zwei, relativ oft auch drei Zeichen zusammen.

Das wollen wir später noch genauer besprechen. Also … ich will. Ihr müssts nicht. Ihr müssts nur lesen und so tun, als würde Euch das interessieren. Oder auch nicht. Dann bin ich aber ang’fressen.

Wo war ich?

Ach ja: Beschäftigen wir uns also einmal mit dem einzelnen Schriftzeichen an sich (<= DAS find ich übrigens total blöd! Dieses „an sich“ hat keine Bedeutung, trägt nichts zum besseren Verständnis bei, ist grammatikalisch unbefriedigend, und meines Wissens nach auch der Erlangung des Weltfriedens nicht zuträglich. Aber das nur am Rande.)

Chinesische Schriftzeichen können grob in drei Kategorien eingeteilt werden.

Aber weil das hier jetzt schon so eine unheimlich lange Wurscht ist (und es außerdem spät in der Nacht ist und ich noch gerne ein bisschen lesen will), höre ich einfach an diesem Punkt auf, lasse Euch in – zweifelsohne – unerträglicher Spannung mit diesem Cliffhanger alleine und melde mich (falls ich Lust habe) wieder mit dem zweiten Teil unserer kleinen, intellektuellen Reise, die Euch zu der Erkenntnis verhelfen wird: „Das ist ja WIRKLICH alles nur ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man meistens wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht!“

9 Kommentare:

_mathilda_ hat gesagt…

Clemens, du bist a Wahnsinn! Ned viel glernt, aber viel glacht hab ich bei deinem Posting.

Bei der Diskreditierung des "an sich" bin ich aber nicht bei dir, sondern muss mich schützend vor diese scheinbar sinnlose Lautansammlung werfen. Denn "an sich" definiert etwas durchaus näher. Wenn man halt linguistisch interessiert ist, auch wenn ich den Linguisten die Intelligenz nicht absprechen mag (vermutlich, weil ich sie mir auch zuerkennen will, und ich ja mbesten weg war, eine Linguistin zu werden).

Tja, ich glaub, jetzt hab ich den Faden auch verloren. Egal, bin nach dem Arbeitstag eh schon streichfähig. So!

_Peter_ hat gesagt…

So jetzt muss ich auch mal...

Ur lustig! Während des Mittelteils hab ich grad den Anfang gedanklich verdaut nur um einige Absätze später festzustellen: alles für die Katz. Weil: die so herrlich aufbereitete Informationsflut merk ich mir eh nicht bis zum nächsten Post - "Kellerspeicherüberlauf". Net nett :-)

Liebe Grüße,
Peter

rudolfottokar hat gesagt…

zeit wirds (beziehungsweise wars), dass du auch mich in die geheimnisse des chineserischen einweist.damit ich mit dir nach rückkunft auch halbwegs gscheit parlieren kann.
"cingi" sag ich da nur.
was man wahrscheinlich auch tsching-tschang-tschong ausspricht..
;-)
obwohl das an sich eher ein blödsinn is.

ClemmieInChina hat gesagt…

Hihi, ich weiß eh, das war ein bissl extrem und nicht übermäßig lehrreich. Aber nächstes Mal wird's dann ganz voll ur-interessant. Ehrlich. (Hoff ich)
Und bezüglich des "an sich" muss ich wiedersprechen. Mir ist nicht ein Beispiel bekannt, wo man es nicht ohne Bedeutungsverlust weglassen könnte. ("Das chinesische Schriftzeichen" und "Das chinesische Schriftzeichen an sich" unterscheidet sich meiner bescheidenen Meinung nach nur in einer Hinsicht: letzteres hat 2 Wörter mehr. Aber ich bin ja auch kein Experte ^^)

Anonym hat gesagt…

geniales posting (sagt die eh-schon-länger-fremd-und-heimlich-begeistert-mitlesende) :)

ClemmieInChina hat gesagt…

waaaah! "widersprechen" ... so ein wahnsinn ]:P.

und danke an anonym - das freut mich. wer auch immer du bist ^^.

Etosha hat gesagt…

Gnihihipffrnnnhahaha :) Es ist beinah, als säßest du leibhaftig vor mir. :D

_mathilda_ hat gesagt…

Heißt, ich muss mir das in echt noch lustigerer vorstellen? Armes Zwerchfell!

Ich hab mir lang überlegt, wie ich die Sache mit dem "an sich" an sich erklären kann. Aber das ist an sich und in sich eine total intuitive Gschicht....

Prinzipiell ist es so, dass "an sich" primär die Antizipation des Rezipienten beeinflusst. Wensnst "das chinesische Schriftzeichen an sich" sagst, dann erwartet dein Publikum wegen des Einsatzes von "an sich", dass du noch irgendwelche Sonderfälle anführst, die eben nicht "das chinesische Schriftzeichen an sich" porträtieren. Oder dass du mit einem großen "ABER" alles über den Haufen wirfst, was wir verstanden zu haben glauben. So redundant Deutsch ist - es hat immer noch alles, was du sagst eine Funktion, auch wenn sie sich an sich nicht erschließt ;)

_mathilda_ hat gesagt…

Ähm, wo ist Teil II hin???