Dienstag, 2. September 2008

Let's B a C

Die meisten Menschen entwickeln sich im Laufe ihres Lebens weiter. Ich fröne der Regression. Tatsächlich ist es nämlich so, dass ich heute, nach 7 Jahren in der Arbeitswelt, wieder eine Prüfung an der Uni gemacht habe. Es war mein Einstufungstest.

Man stuft mich
Man hat mich ja bereits bei der Registrierung als Anfänger durchschaut, trotz unglaublicher sprachlicher Leistungen meinerseits. Dies geschah im Rahmen des ungefähr folgendermaßen abgelaufenen Dialoges:

Beteiligte Personen: Chinesischer Prüfer (A), Ich (B)
Ungefähre Dauer: 30 Sekunden

A: [Sagt etwas sehr schnell in einer sehr lustig klingenden Sprache.]
B: [Schaut verblüfft.]
A: [Sagt noch etwas in der lustigen Sprache, diesmal etwas verunsichert.]
B: [Lächelt dümmlich.]
A: [Nun klingt die lustige Sprache ein bissi grantig.]
B: [Formt ein Fragezeichen über seinem Kopf.]
A: Do you know Pinyin?
B: Yes.

... und damit war ich auch schon feierlich in die Gruppe "Beginners Level" aufgenommen.

Anfänger - aber wie?
Als nächstes ging es darum, herauszufinden, ob ich Anfänger der Klasse blutig (Level A), medium (Level B) oder well-done (Level C) wäre. Der Test bestand dabei aus einem schriftlichen Teil mit etwa 100 Fragen - von Lückentexten über Multiple Choice, Lesetexte bis zu grammatikalischen Dingen - und einem mündlichen Kurzinterview auf Chinesisch.
Schriftlich landete ich gefühlsmäßig auf Level B. Mündlich überraschte ich mich selbst damit, dass tatsächlich ein kleines Gespräch mit meinem Prüfer stattfand. Dies ist umso bemerkenswerter, als das um 8 Uhr früh geschah - einer Zeit, zu der ich üblicherweise schlafen gehe und unter normalen Umständen nicht einmal zu einer halbwegs intelligenten deutschen Unterhaltung fähig bin. Doch wurde ich hiebei als Level C eingestuft.
Insgesamt werde ich damit vermutlich auf Level B landen, also der zweiten von neun möglichen Niveaustufen. So habe ich mir das auch in etwa vorgestellt, und insoferne war dies ein erfolgreicher Tag. Ob er jedoch in die Hall-of-Fame der produktivsten Tage meines Lebens aufgenommen werden kann, wird sich nun bald entscheiden, wenn ich versuchen werde, den Waschautomaten in unserem Dorm in Betrieb zu nehmen.



So sieht das Answer Sheet für den Anfänger-Test aus. Ein bissl Chinesisch zu können hilft da durchaus.

Intelligenzkriterium Waschküche
Bei meinem später am Tag stattfinden werdenden Waschversuch gibt es prinzipiell zwei mögliche Ergebnisse: Entweder ich werde in Kürze wieder über viele saubere Kleidungsstücke verfügen - oder über gar keine mehr, sollte ich sie beim Waschversuch versehentlich vernichten. Das ist aber dann insoferne nicht so schlimm, als ich gestern bemerkte, dass Gewand hier wirklich billig ist. So kostet beispielsweise ein Paar Qualitätsschuhe etwa 5 Euro. Ich könnte die Dinger also immer einfach wegschmeißen, wenn sie dreckig werden - putzen ist ohnehin nicht so meins, und zusätzlich schaffe ich Arbeitsplätze für den chinesischen Markt.

Urleiwand
Ja, dieses schöne Wort hörte ich aus dem Mund dreier scheinbarer Chinesen, die hinter mir in der Schlange standen, als ich mich zur Vergabe meines Student IDs anstellte (wieder einmal falsch übrigens). Es waren dies drei Sino-Wiener, und damit die ersten Österreicher, die ich hier zufällig getroffen habe. Ebenso traf ich eine deutsche Mitstudentin namens Veronika; es erheben sich bei mir also langsam leise Zweifel, ob ich hier überhaupt Chinesisch reden werde. Meine bisherigen Bekanntschaften hier inkludieren mit Charlotte (Australien), Anna, Irene, Nic und Wayne (USA) sowie Cormick (Irland) sechs englischsprachige sowie mit Linlin eine italienischsprachige Bekanntschaft. Dann gibt es da noch meinen österreichischen Kontakt Ulli, eine Sinologin von geradezu deprimierend fließenden Chinesischkenntnissen, ohne die ich hier ohnehin völlig aufgeschmissen gewesen wäre, sowie deren Freunde Steffi, Philipp und Benjamin, auch alle ihres Zeichens Österreicher.
Wären da nicht mit YiRan, Jing und GuangMing auch ein paar Chinesen in meinem neuen Bekanntenkreis, würde ich vermutlich mit akzentfreiem Deutsch und Englisch heimkommen, aber immer noch keine Ahnung von Chinesisch haben. Aber in jedem Fall ist es faszinierend, mit welchem Tempo selbst ein eher zurückgezogener Mensch wie ich hier neue Bekanntschaften sammelt. Vermutlich muss ich mich jetzt also damit beschäftigen, wie man sich in Gesellschaft anständig benimmt. Ist ja ekelhaft.

7 Kommentare:

Etosha hat gesagt…

Gratuliere! *verneig* *blumenschick* :))

Also, dass du nicht lang allein bleibst, war mir vorher schon klar. Aber nach den paar Tagen ist deine Namensliste ja überaus ansehnlich! Ich hätt mir die ganzen Namen vermutlich nichtmal gemerkt. ;)

Grüßchen ausm Sonnenschein!

ClemmieInChina hat gesagt…

oh, vielen Dank *auch.verneig* *kopferl.zammstess* *schas.find* :).

Naja, noch sinds ja nicht alle Freunde sondern einmal Bekannte. Ist ja noch nicht lang :). Im übrigen behauptet ja kein Mensch, dass ich mir die Namen tatsächlich gemerkt hätte. Die stehen in meinem Handy drin. Man hat ja kaum Hirn, schließlich :).

Etosha hat gesagt…

*mirs.kopferl.reib*
Hast im Handy nachschauen müssen beim Eintragschreiben?

Nose hat gesagt…

*verbeugBisZumKnie*
Tja jetzt simma uns nie begegnet, trotz Etoshas Bemühungen, und du sprichst plötzlich fremde Sprachen! Oag is des! Bin schon gespannt auf die Erlebnisse in deinem Blog!

Da fällt mir die Episode aus dem Leben eines Bekannten ein:
Der war mal in Tokyo und dachte, er kann ein bisserl japanisch lernen. Einmal steigt er in ein Taxi und versucht, dem Fahrer auf japanisch zu schildern, wo er hinwill. Darauf schaut ihn der Fahrer entschuldigend an und sagt "me not speak english"

ClemmieInChina hat gesagt…

Hallo, wer auch immer Du bist, und herzlich willkommen in meinem Blog! :)

Hatte ein ähnliches Erlebnis hier. In akzentfreiem Chinesisch fragte ich einen hiesigen Standler nach einem Stück Wassermelone. Er hilt mir einen Strohhalm hin. Immerhin :).

Nose hat gesagt…

tja wir kennen uns nur virtuell, aus Winders Wörterbuch, dort darf man mich "Gernot" nennen und ich hatte auch mal den Schwarzen Reigen erwähnt... Etosha war so nett, weitere Gemeinsamkeiten auszugraben *gg*
Bin leider nicht so konsistent in meinen Nicknames, muss mir mal eine richtig coole Internet-Identität zurechtlegen...

ClemmieInChina hat gesagt…

aaah, du bist des :). und wir haben ja sogar einen gemeinsamen hochegger-bekannten (peter k.). witzig, wie sich winder wiederfindet ;D