China ist ein durchaus überraschendes Land. Und die verblüffendsten Dinge erfährt man im Gespräch mit Einheimischen.
Ich bin ja unlängst in einer ebenso schmutzigen wie guten Garküche mit einer chinesischen Studentin ins Gespräch gekommen. Sie kommt ursprünglich aus Tianjin (nahe Peking), und ist nun auch ganz frisch an der Fudan Universität, um hier Kommunikationswissenschaften zu studieren. 19 Jahre ist die Gute erst jung, und wie sich herausstellt hat sie noch nie mit einem Ausländer gesprochen, da dies hierzulande nicht gerade gefördert wird.
Chinglish, Einkaufstouren und Militäruniformen
In einem gewagten Gemisch aus Sprachen, die entfernte Ähnlichkeit mit Englisch und Chinesisch hatten, kommunizierten wir und vereinbarten ein neuerliches Treffen, welches heute stattfand. Eingebettet war dieses Treffen in eine kleine Einkaufstour, denn ich hatte den guten Vorsatz, ein wenig Gewand und Geschirr zu besorgen, was mit chinesischer Unterstützung einfach wesentlich besser geht. Es blieb beim guten Vorsatz, denn heimgekehrt bin ich mit zwei CDs und einem Computerspiel. Doch ich drifte ab.
Von Letetia (so ihr englischer Name) erfuhr ich einige interessante Dinge, die ich nicht wusste. So fragte ich sie, warum sie denn in einer tarnfarbenen Militäruniform auf die Uni ginge. Erstaunlicherweise muss in China offenbar jeder neue Student und jede neue Studentin eine siebentägige militärische Grundausbildung machen - was sich dann in Scharen von salutierenden und exerzierenden Studenten am Campus manifestiert. Und ebenso zum Programm gehört ein Kurs über die marxistischen Theorien - Philosophie, Ökonomie und Politik.
Spaß mit dem Entry-Exit-Office
Doch diese Schrägheiten sollen eigentlich nur den Hintergrund bilden für meinen jüngsten Kontakt mit chinesischer Bürokratie, der am Freitag stattfand. Nach langem Hin und Her hatte ich nämlich herausgefunden, dass wir am Freitag die Ergebnisse der Physical Examination bekommen würden - und mit ein bisschen Glück sogar rechtzeitig, um sie am gleichen Tag für die Entry-Exit-Prozedur einzureichen, im Rahmen derer mein X-Visum (mit 30 Tagen Gültigkeit) in ein Residency Permit umgewandelt würde.
Etwas nervös war ich schon, ob meine Gesundheit chinesischen Anforderungen entspräche, doch war dies tatsächlich der Fall. Ein mehrseitiger Report bescheinigte mir zu meiner Erleichterung, dass ich weder an AIDS noch an der Pest noch an offener Tuberkulose leide. Und wahnsinnig bin ich anscheinend auch nicht. Man stellte jedoch Herzrhythmusstörungen fest, die noch vor einem Monat bei der Untersuchung in Wien interessanterweise nicht da waren. Aber auch das ist kein Hinderungsgrund - mit dem gültigen Dokument der Physical Examination, mit meinem Visum-Formular JW202, meiner Admission Notice, meinem Studentenausweis, meiner Confirmation of Temporary Residence, meinem Introduction Letter der Fudan Universität (den ich vorher noch verlängern musste, da er nur 10 Tage gilt), meinem Pass, einem Antragsformular für das Residency Permit, mit 400 Yuan sowie einem Passfoto reihte ich mich also in die wogende Masse Residency-williger, ausländischer Studenten. Und nach nur vier Stunden Wartezeit, konnte ich in einer wie üblich grenzenlos chaotischen und einmalig umständlichen Operation alle diese Materialien einreichen, wobei mir beruhigenderweise auch mein Pass abgenommen wurde. In zehn Tagen sollte ich alles wiederbekommen, und wenn alles gut geht, bin ich dann ordentlicher Einwohner von Shanghai für ein Jahr. Für den 28. September sollte ich also eine kleine Feier ansetzen, denn wahrlich hart umkämpft war dieses unscheinbare Stück Papier.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
5 Kommentare:
schön, dass in china alles so unkompliziert abläuft...
is ja wie geschaffen für dich!
;-)
Ja, gell? Ich bin auch jedes Mal aufs Neue erfreut :).
apropos 28. sept.
du feierst - und wir gehen wählen...
Wählengehen is auch ein Grund zum Feiern. Naja, sagma so: eine Gelegenheit. ;)
Vier Stunden anstellen, bist Tappert Horst!? Und deinen unermüdlichen und reißfesten Geduldsfaden hams dir net attestiert bei der Untersuchung?
Na bitte - dann wird's eben eine gewählte Feier *kalauer* :P.
Tja, in Sachen Geduld muss man sich hierzulande möglichst schnell an ganz andere Dimensionen gewöhnen. Alles Offizielle ist fürchterlich umständlich und dauert Eeeeewigkeiten.
Kommentar veröffentlichen