Dienstag, 10. Februar 2009

Der Süden - I: Guilin und Yangshuo

Ein herzliches Winke-Winke an Euch alle da draußen! Falls Ihr noch da seid. Ich bin's jedenfalls. Da nämlich. Wieder. In Shanghai. Ich war ja weg. Falls das vergessen wurde. (Und es überhaupt jemanden kümmert.) Das Leben ist ja so kurzlebig in diesen unseren Zeiten.

Wo war ich?

Ach ja: Ich bin nach einer weiteren großartigen Reise seit vorgestern Abend wieder zurück in Shanghai und wurde hier auch gleich standesgemäß empfangen: Gestern habe ich mich ganz früh am Morgen für das nächste Semester registriert. Das heißt, ich habe es versucht. Und heute habe ich mich - noch früher am Morgen - erfolgreich registriert, da es sehr hilft, das ganze am richtigen Termin durchzuführen und nicht einen Tag zu früh. Die Studiengebühren und das Dorm sind nun bezahlt, die Versicherung abgeschlossen, das Level gewechselt (oder, besser gesagt, eben nicht) und die Visum-Verlängerung vorbereitet. Da sie aus unerfindlichen Gründen die schönste Gartenstadt Chinas den Freuden der hiesigen Bürokratie vorziehen, habe ich meine zwei Besucherinnen heute alleine (und ohne Chinesisch-Kenntnisse, hihi) nach Suzhou geschickt, und habe nun zwischen zwei organisatorischen Terminen ein wenig Zeit, das erste Reise-Posting zu erzeugen.

Was ich jetzt vielleicht auch langsam tun sollte, oder?

Obwohl ... ich warte noch ein bisschen. Aus dramaturgischen Gründen. Erhöht ja die Spannung ungemein.

*dumm-di-dumm*

So. Jetzt aber.

Also: Meine lieben Freundinnen Babsi und Josi sind ja so nett, auf einen Hupfer bei mir hier drüben vorbeizuschauen. Und also ward der Beschluss gefasst, nicht alleine in Shanghai zu verharren, sondern wie die Graugänse gen Süden zu ziehen - vorwiegend der Temperaturen wegen, da es ja (wie ich immer wieder verwundert feststelle) Menschen gibt, die gerne schwitzen, und zwar sogar im Winter, wenn unsereins ein paar kurze Wochen lang nicht als menschlicher Rasensprenger durch die Lande ziehen muss.

Die Mädels kamen am 31. Jänner am Shanghaier Flughafen Pudong an. Ich sang dort ein kleines Willkommensliedlein - und dann zogen wir gleich weiter zu Shanghais anderem Flughafen, von woselbst wir drei schwer Gejetlaggten - in meinem Fall natürlich nur sympathisches Mit-Leiden - noch am selben Tag nach Guilin flogen. Dorten ist die Landschaft schön und außerdem ein Bahnhof, auf dem es einen Zug gibt. Naja, eigentlich mehrere, aber uns interessierte nach einigen Tagen Aufenthalt am meisten jener, der über Nacht nach Guangzhou fuhr, von wo aus wir - nach wiederum einigen Tagen Aufenthalt - wieder nach Shanghai zurückkehren konnten.

Schon klar, da erhebt sich sofort die Frage: Warum so umständlich? Da hätten wir doch gleich in Shanghai bleiben und uns dieses lähmende Herumgereise sparen können.

Jaja - das stimmt schon, aber wie schon gesagt: Guilin beherbergt neben eben erwähntem Zug auch ebenso erwähnte wunderbare Landschaft sowie noch viele andere interessante Dinge. Die wollten wir halt schon gerne sehen, und daher darf ich jetzt auch davon berichten.

Ich werde folglich sofortiglich diese meine Wort-Knoten auflösen zugunsten des üblichen Foto-Panoptikums, das ich jetzt über Euch ergießen darf.

Gleich.

Nach einer weiteren kurzen, dramaturgisch wertvollen Pause.

*Dumm-di-dumm*

Da bitte:


Meiner Meinung nach kann man China nur entweder hassen oder lieben. Meine zwei Besucherinnen Josi (l.) und Babsi (r.) waren zwar zum ersten Mal hier, fühlten sich aber merkwürdigerweise sofort wie zu Hause. Perfekte Voraussetzungen also, um sofort nach Guilin abzurauschen.

Guilin ist eine kleine (500.000 Einwohner) Stadt im Nordosten der Provinz Guangxi, deren untouristischere Regionen im äußersten Süden ich ja bereits besucht habe. Wegen der einzigartigen Karstlandschaft in seiner Umgebung gilt dieses hübsche Städtchen als eine der größten Sehenswürdigkeiten in China.
Das geht natürlich gar nicht. Daher bestand ich darauf, wenigstens in jener Jahreszeit dorthin zu fahren, in der das sonst niemand tut - wegen des zu dieser Zeit suboptimalen Wetters.

Wie erleichtert war ich da, als uns am ersten Tag auch tatsächlich grau-nebeliges und zwar nicht kaltes, aber doch auch nicht gerade sommerliches Wetter empfing. Perfekt. Vielleicht können wir ja Blicke auf die beeindruckenden Karstberge während des gesamten Aufenthalts komplett vermeiden!
Aber zumindest den berühmten Elefantenrüssel-Berg mitten in der Stadt sahen wir schon mal ganz gut.

Berge sind in Guilin und Umgebung übrigens überhaupt eine große Sache. Es gibt dort nämlich so viele davon - und ziemlich wenig berglosen Platz. Daher werden die komischen Karstgupferln auch von alters her GuilinerInnenseits ausgesprochen effizient genutzt. So ist der hier dargestellte Hügel lustigerweise über und über ... naja ... inner und drinner ... wurscht: vollkommen mit Buddha-Zeugs angefüllt. Und das kann man besichtigen. Haben wir auch getan. Sind 1.500 Jahre alt, die Statuen. Könnte man eigentlich auch mal plätten und einen McDonalds hinstellen oder so.

In Guilin machen die Berge überhaupt SACHEN, sage ich Euch, da ist man zunächst einmal vollkommen baff, wird aber danach auch noch sehr viel baffer, um sodann irgendwann wirklich am baffsten zu sein. In diesem allerbaffigsten Zustand haben wir beispielsweise die obige Höhle besucht, wo es den "Schwertschneidenstein" (oder so ähnlich) zu besichtigen gibt. Zwischen diesem und dem Boden gibt es - natürlichgewachsenerweise - nur ganz, ganz wenig Platz. Und Chinesen schätzen ja wenig Platz sehr, daher fotografieren sie das auch ganz viel. (Hab ich auch getan.)

Guilin als Stadt hat aber auch Gebäude zu bieten. Zum Beispiel eine Menge Tempel und so Zeug. Die stehen allerdings alle auf Bergen oben, und um sie zu besichtigen, muss man da halt rauf. Während ich also am unteren Ende eines solchen Berges so auf den Lift wartete, musste ich plötzlich feststellen, dass es gar keinen gab. Das ficht aber einen echten Traveler nicht an, daher sah man mich umgehend behende und grazil den Hang hinan schweben, dem Tempel entgegen.
Den Tempel selbst erspare ich Euch bildtechnisch jetzt, weil die schauen nach einiger Zeit eh alle gleich aus. (Behaupten zumindest meine Gästinnen. Pffff.) Dafür traf ich auf obigem Berg einen taoistischen Hellseher, mit dem ich ein wenig plauderte. Er sorgte für meinen persönlichen Top-Reise-Ego-Boost: Bereits nach ein paar Sätzen erkannte er, dass ich in Shanghai lebe - allein an meinem Akzent, ohne, dass ich es ihm gesagt hatte! Unfassbar - entweder, er ist ein wirklich guter Hellseher, oder mein Chinesisch ist tatsächlich schon so geschliffen, um lokale Akzente erkennen zu lassen.
Na toll. Der Shanghai-Akzent ist nämlich echt schiach.

Übrigens ist Guilin auch für seine Schlangen-Spezialitäten bekannt. Schlangenblutsuppe wäre da beispielsweise zu nennen. Oder auch obiger Schlangen-Schnaps. Ideal für Schlangen-Phobikerinnen wie Babsi, die hier fairerweise die Möglichkeit bekommen, möglichst viele dieser Tierchen eigenmündig zu vernichten. Sie wollte aber nicht. So schlimm kann die Phobie also auch wieder nicht sein.

Apropos Babsi: Sie bewies auf der Reise ein feines Gespür für wirklich exotische Dinge, die man sich in Österreich so gar nicht vorstellen kann.

Aber zurück zum Ernst des Lebens. Da sich der Li-Fluss ja außerhalb von Guilin bis zu geradezu unerträglicher Schönheit steigert, mussten wir ihn natürlich bebooten. Zu diesem Behufe gibt es in der Stadt dutzende Tour-Anbieter. Wir ließen uns einfach am ersten Abend von einem ausgesprochen freundlichen Taxifahrer eine günstige Tour empfehlen (= aufschwatzen) - und wählten der Spannung wegen eine chinesische solche. Das Urvertrauen der Chinesen in meine Sprachkenntnisse ehrt mich; wir stießen aber durchaus auf Probleme - besonders, wenn es vom Bus auf einen Kleinbus umzusteigen galt, von diesem auf ein Kleinboot, von diesem wiederum auf ein größeres Boot, dann auf ein Elektrowägelchen und von diesem zurück auf den Ursprungsbus. Dabei wurden nämlich verschiedenste Treffpunkte an diversen, fernen Orten einfach auf Chinesisch in den Raum getrötet - und das ist wirklich kaum zu verstehen.
Hilfreich waren hierbei obige herzige Mäderln, die uns flugs adoptierten und - in langsamem Volksschul-Chinesisch und mit vielen Handzeichen - gewissenhaft durch diverse organisatorische Unwägbarkeiten manövrierten.

So schafften wir es sogar, unser Boot tatsächlich zu erreichen, und die 70 Kilometer lange Fahrt auf dem Li-Fluss bis zum Dorf Yangshuo plangemäß zurückzulegen. Wegen der unwegsamen Landschaft mit all diesen unpraktischen Bergen müssen sich die hiesigen Händler übrigens kreative Wege überlegen, ihre Waren an den Mann zu bringen. Eine Methode ist beispielsweise das spontane Anklammern an größere Schiffe mit einem kleinen Bambus-Floß - und der darauffolgende Verkauf diverser Waren an die Insassen.

Ansonsten werden einfach auf jede auch noch so verhungerte Sandbank Märkte draufgestopft.

Und so schipperten wir denn hinein in diese Landschaft, die für mich seit frühesten Kinderjahren das ultimative ländliche China repräsentiert. Mein Freund der Nebel gab sich redliche Mühe, konnte aber nicht vollkommen verhindern, dass wir einige - dafür umso stimmungsvollere - Einblicke in die wilde und unwirkliche Umgebung bekamen.Überall grasten Wasserbüffel, die von den hiesigen Bauern zur Bestellung der Felder genutzt werden. Unsere Tourleitung beschrieb unserer rein chinesischen Reisegruppe in nicht unstarkem Dialekt die Bedeutung der einzelnen Berge - deren viele mit langer Geschichte und tieferer Symbolik gesegnet sind.
An dieser Stelle möchte ich mich selbst preisen, der ich aufgrund meiner Sprachkenntnisse während der gesamten Tour als Simultan-Dolmetscher für meine Freundinnen fungierte, und sie somit live und in real-time mit Informationen versorgt wurden, die Nicht-Chinesischsprachigen ansonsten verschlossen bleiben.

"Da vorne ist ein ... Berg ... sagt sie grad ... glaub ich. Oder wartets ... nein: zwei! (Scheiße, red' net so schnell) Und der ist irgendwie berühmt ... oder der andere. (Wie war das?) Nein, der war grad, da vorn ist was anderes ... ich glaub ... ein Berg ... oder so ... (Geh bitte, red vielleicht noch stärkeren Dialekt, du Trampel) ... aber da ist jetzt noch irgendwas, was immer schon so war wie es heute ist ... Ha! Jetzt hab ich grad "Kopf" verstanden! Ich glaub, da schaut ein Berg aus wie ein Kopf! Aber welcher eigentlich? (Oida, ist das mühsam!) Na wurscht, schauts einfach, is so eh auch schön."

Dergestalt geleitet von meiner ans Professionelle grenzenden Übersetzung waren es doch die visuellen Eindrücke, die Josi und Babsi am meisten beeindruckten. Wie beispielsweise die lokalen Kormoran-Fischer. Sie binden ihren Vögeln ein Band gerade so fest um den Hals, dass diese einen Fisch nicht schlucken können und ihn daher dem Fischer bringen. Sobald sie dies einige Male getan haben, werden sie von dem Band befreit, bekommen für ihre Arbeit einen fairen Anteil an ihrem Fang - und vom Rest verdient der Fischer seinen Lebensunterhalt. Mein Vorschlag, diese Art zu fischen als "vögeln" zu bezeichnen, hat sich trotz großer Begeisterung meinerseits an Bord irgendwie nicht durchgesetzt.

In Yangshuo selbst war leider nur Zeit für einen kleinen Spaziergang sowie oben erwähnte Elektro-Wagerlfahrt, da wir - geleitet von unseren kleinen Aufpasserinnen - wieder zu unserem Bus mussten, der an einem (von mir unverstandenen) Platz auf uns wartete. Dort gab es die übliche Begrüßung seitens der Reiseleiterin ("Ah, unsere Ausländer haben es auch irgendwie geschafft." - so viel Chinesisch verstehe ich gerade noch, meine Liebe) - und dann sahen wir noch ein paar ebenso berühmte wie schöne Plätze in der Umgebung.

Repräsentativ greife ich hier die obige Tropfstein-Wasserhöhle heraus, in der wir mit einem Bötchen fuhren - und anschließend noch erstaunlich lange herumkraxelten. Wilde Steinformationen haben in diesem riesigen, unterirdischen Komplex blumige Namen - und es entwickelte sich ein richtiges Gesellschaftsspiel, wer in den Stalaktiten und -miten tatsächlich einen "Phönix, der sich auf breiten Schwingen über das Blumenmädchen erhebt" oder einen "Alten Mann, der den Königsschatz bewacht" erkennen konnte.
Bin ich froh, dass nicht ich für die Namensgebung verantwortlich war, sonst gäbe es dort unten heute Formationen wie "Ein länglicher Stein", "Ganz viele große Gupferln" oder "Irgendsowas Rauhes, das mich an Durchfall erinnert."

Kurz: Es war beeindruckend. Und weil so etwas bei mir immer zu ganz viel Schrift führt, habe ich beschlossen, unsere Reise mal wieder auf mehrere Postings zu verteilen. Freuen Sie sich also aufs nächste Mal, wenn es heißen wird: "Als wir fast tolle Reisterassen sahen und beinahe so beeindruckt gewesen wären, wie wir es unser ganzes Leben nicht gewesen sein hätten können."

12 Kommentare:

chinarundreisen hat gesagt…

Gemällt Mir!!!Die Bilder sind einfach schoen!!!!!
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yangshuo

rudolfottokar hat gesagt…

die wortbestätigung ist zugleich mein kommentar;-)

"beari"

(denk dir halt das g dazu)

(schön dassd wieda da bist)

ClemmieInChina hat gesagt…

Freut mich, liebe(r) Chinarundreisen :). Plag mich genug mit meinem Billig-Knipserl :P.

@rudolfottokar: Ja, ich find's jetzt auch wieder schön :).

Anonym hat gesagt…

Fein dass'd wieder da bist - tolle Bilder, Wahnsinn - überhaupt ist das Ganze Wahnsinn irgendwie... :-)

Busserl, Oida!

*spidedow*, yeah!

_mathilda_ hat gesagt…

Eine Quadrupelverbkonstruktion zum krönenden Abschluss - die Beeindruckung ist auf meiner Seite!

Deinen vielen Worten kann ich ansonsten nichts mehr hinzufügen, es fehlen mir die Worte :D

Anonym hat gesagt…

Gut, dass unser Nachbar immer so furchtbar laut das spielt, was er für Musik hält - dann kann er sich auch nicht beschweren, wenn ich hier spätabends lache, dass die Wände beben!

"jede noch so verhungerte Sandbank" - Bitte? Heastfoigendes, is dir vielleicht aufgefallen, dass es dorten äußerst schön is?

Ah doch:
"Na wurscht, schauts einfach, is so eh auch schön."
*muuuahahahaaaa* Einfach super! :)))

Für eine weiteren lauten Lacher sorgte dann noch Nikerls "Busserl, Oida!" Gnihihi!

Leiwand dassd wieder da bist!

Anonym hat gesagt…

Reiche hiermit, bei Lichte besehen, ein "n" nach.

rudolfottokar hat gesagt…

hm...jetzt les ich das alles schon zum xten mal - und find keinen platz, wo das fehlende n hingehört... sowas macht mich narrisch-auch wenns völlig unerheblich ist.

_mathilda_ hat gesagt…

Ich musste auch suchen und bin fast verzweifelt. Als ich grad dachte, dass das geheimer Code sei, hab ich dann doch ein Wörtchen entdeckt, zu dessen Übereinstimmung ein n hilft. Tipp: Quasi kurz vorm Ende :)

Anonym hat gesagt…

Hihi :) Was hab ich da wieder angerichtet? Lauter Freaks! ;)
Aber dafür hätt keiner von euch ein Problem, wenn der Inhalt meines depperten Kommentars morgen abgeprüft würde.

Anonym hat gesagt…

Bin auch noch da, eh kloa, und warte schon gespannt auf die Fastreisterrassen in Teil II!

ok, ok , just a "leedle" patience (oh oh yeah)

Christian

ClemmieInChina hat gesagt…

na bumm, so viele kommentare! *froi*

*verboig* vielen dank für das interesse und überhaupt alles.

und die suche nach dem verlorenen "n" finde ich sehr amüsant, auch wenn's eigentlich recht deutlich ist, wo's fehlt ... o vater: warst schon erfolgreich? :)

@christian: *g* das weckt erinnerungen ...