Meine lieben Bekannten und Unbekannten da draußen,
hier geht's mittlerweile rund: Mein Auszug aus dem Studentenheim am 2. Juli wird vorbereitet - Dinge verschenkt, verkauft, verschrottet, verpackt - meine kleine Abschlussreise gen Norden, gemeinsam mit der gerade aus Korea zurückgekehrten Linan, wird organisiert, für die große Abschlussprüfung wird gelernt und dazu noch viele Abschiede von Klassenkameraden und Freunden gefeiert - mit ziemlicher Sicherheit endgültige Abschiede.
Angesichts dessen ist es für mich nur logisch, dass auch das Blog hier endet. Das hat praktische Gründe - wie beispielsweise verminderten Netzzugang und unglaubliches Beschäftigt-Sein - aber auch dramaturgische (es würde bis zur endgültigen Abreise nur noch so dahintranen) und psychologische (ich verspüre kein großes Bedürfnis, mich über Rückreise-Vorbereitungen auszulassen).
Ich habe darüber nachgedacht, wie dieses letzte Posting aussehen könnte, wie ich es kreativ und/oder witzig gestalten, mit einer grandiosen Schlussfanfare aus diesem Blog-Leben scheiden könnte. Mein Resümé: Wir machen das weder kreativ noch witzig. Dieses Blog ist wie mein Leben hier: Die Höhepunkte sind verstreut, kontinuerlich, die Klimax unberechenbar. Daher ist dieses Posting nur ein einfacher Abschied.
Einerseits von meinem Leben als Student in China: Mit Sicherheit die faszinierendste, wahrscheinlich sogar die schönste Zeit meines Lebens, in der ich unglaublich viel gelernt habe - über China, über Europa, über Menschen, über Kultur, über das Reisen - und unvermeidlich auch über mich selbst. (An dieser Stelle sich jetzt bitte eine kurze, ebenso witzige wie geistreiche Zusammenfassung all der großartigen Unternehmungen und schrägen Erlebnisse des letzten Jahres vorzustellen. Würde total gut passen, wäre irgendwie ergreifend - ist aber leider fürchterlich nervig zu schreiben. Außerdem bin ich hungrig.)
Andererseits verabschiede ich mich von diesem Blog, das ein wunderbares Hobby war und gleichzeitig Dokumentation wesentlicher Eckpunkte meines Aufenthalts in China (sowie eines Tags in Uruguay), und das mich überraschenderweise sogar dazu motiviert hat, auch Dinge zu tun, die ich sonst nicht getan hätte, um danach Neues berichten zu können.
Schließlich ist es auch ein Abschied von Euch da draußen. Naja ... nicht wirklich, wie ich hoffe, aber zumindest ein Abschied von Euch als LeserInnen. Es hat mich ehrlich gefreut - und noch mehr überrascht - wie viele Menschen dieses in Wahrheit recht unraffiniert hingefetzte, völlig subjektive und oft genug auch wenig informative Geschreibsel gelesen haben - und auf welch positive, witzige und inspirierende Weise kommentiert wurde. Das hat mir auch das Gefühl gegeben, die wichtigste Erfahrung meines Lebens aktiv mit meinen Freunden - alt und neu - teilen zu können.
Taten sagen ja bekanntlich deutlich mehr als Worte. Durch Eure aktive Teilnahme an diesem meinem Blog, habt ihr sehr viel gesagt (ob's wollts oder net). Dafür - und das ist der Hauptgrund für dieses salbungsvolle Abschiedsposting - danke ich Euch von Herzen.
Liebe Grüße aus Shanghai, machts es gut, passts auf Euch auf, schauts links und rechts bevors über die Straße gehts - und auf Wiedersehen ... ich bleib noch ein Monat ];).
Clemi
Freitag, 26. Juni 2009
Sonntag, 21. Juni 2009
Drei Herren und die Kultur
Wenn eine statistisch relevante Teilmenge der Herrenrunde nach längerer Zeit des Nicht-Sehens in einem fernen Land aufeinander trifft, dann sind höchste interkulturelle Sensibilität, Offenheit für Unbekanntes und grenzenlose Begeisterung für die feineren Dinge des Lebens eine Selbstverständlichkeit. Als die Herren Schausberger und Kurzawa gestern nach einer Woche China-Aufenthalt wieder abreisten, hinterließen sie ein Land, das einfach ein kleines bisschen besser, reicher und schöner war als zuvor. Denn in einzigartiger Weise wussten wir das Positivste aus West und Ost harmonisch zu verbinden.
Schon am Ankunftstag tauchten wir so richtig ein in die chinesische Kultur: 8.30 Uhr morgens am Flughafen - Herr Schausberger, der als erster aus London angereist war, verspeist mit mir im Burgerking einen Whopper, während wir auf die Ankunft der Maschine Herrn Kurzawas aus Moskau warten. Auch das Frühstücksbier im benachbarten Irish Pub mundet vorzüglich - ja, so gut gar, dass wir besagten Herrn Kurzawa leider ein bisschen vergessen. Erst ein wohlmeinender Anruf seinerseits nach erfolgter Ankunft ("Heast, wo seids'n es bitte?!?!") holt uns zurück in die Ankunftshalle, und so können wir - etwas verspätet - mit einem kleinen Tränchen im Auge auch das älteste Mitglied der Herrenrunde in die Arme schließen.
Entsprechend asiatisch geht es in den folgenden Tagen weiter: Sei es ein Wurschtsalat im "Paulaner Bräu", eine Ciabatta im "Café Italia" oder Capuccino im Starbucks - die zwei Herren fürchten keines der kulinarischen Abenteuer dieses Landes!
Doch nicht nur Chinas Küche wird von der Herrenrunde ausgiebig erforscht, nein, auch die Kultur kommt nicht zu kurz: Ob Babyface, G+, Soho, De la Coast oder Windows - kaum ein Nightclub wird ausgelassen, kaum eine Bar von uns verschont.
Angesichts eines so dichten nächtlichen Besichtigungsprogramms könnte der Verdacht sich regen, wir wären des Tags leiser getreten. Weit gefehlt! Mit eiserner Disziplin erheben wir uns täglich frühmorgens um 14 Uhr aus unseren Betten, um erbarmungslosem Sightseeing zu frönen: Der Clothes Market wird aufgesucht (9 Maßhemden, 2 Maßanzüge), Straßenhändlern unser Vertrauen geschenkt (eine echte Rolex um 10 Euro), ausgesuchte Qualitätstechnologie erworben (ein iPhone um 60 Euro) sowie Chinas bekannte Markenware empirisch getestet (4 Paar Nike-Socken um 50 Cent).
Wer würde uns da zu früher Abendstunde ein wenig Entspannung missgönnen? Also lernt die Herrenrunde die Freuden chinesischer Massage kennen (O-Ton Schausberger: "Ab heute lasse ich mich nur noch mit 'Majestät' ansprechen!"), ebenso wie den Full-Service der hiesigen Friseure (Kopf-, Rücken- und Armmassage, Haarwäsche, schneiden und legen bei einem Top-Figaro um 4 Euro) und das gemütliche Nachmittagsschläfchen im Park.
Ich glaube, erstmalig in der Geschichte der Langstreckenflüge haben nicht die Besucher, sondern der Gastgeber einen Jetlag zu verdauen.
Burschen: Schön, dass da warts!
Schon am Ankunftstag tauchten wir so richtig ein in die chinesische Kultur: 8.30 Uhr morgens am Flughafen - Herr Schausberger, der als erster aus London angereist war, verspeist mit mir im Burgerking einen Whopper, während wir auf die Ankunft der Maschine Herrn Kurzawas aus Moskau warten. Auch das Frühstücksbier im benachbarten Irish Pub mundet vorzüglich - ja, so gut gar, dass wir besagten Herrn Kurzawa leider ein bisschen vergessen. Erst ein wohlmeinender Anruf seinerseits nach erfolgter Ankunft ("Heast, wo seids'n es bitte?!?!") holt uns zurück in die Ankunftshalle, und so können wir - etwas verspätet - mit einem kleinen Tränchen im Auge auch das älteste Mitglied der Herrenrunde in die Arme schließen.
Entsprechend asiatisch geht es in den folgenden Tagen weiter: Sei es ein Wurschtsalat im "Paulaner Bräu", eine Ciabatta im "Café Italia" oder Capuccino im Starbucks - die zwei Herren fürchten keines der kulinarischen Abenteuer dieses Landes!
Doch nicht nur Chinas Küche wird von der Herrenrunde ausgiebig erforscht, nein, auch die Kultur kommt nicht zu kurz: Ob Babyface, G+, Soho, De la Coast oder Windows - kaum ein Nightclub wird ausgelassen, kaum eine Bar von uns verschont.
Angesichts eines so dichten nächtlichen Besichtigungsprogramms könnte der Verdacht sich regen, wir wären des Tags leiser getreten. Weit gefehlt! Mit eiserner Disziplin erheben wir uns täglich frühmorgens um 14 Uhr aus unseren Betten, um erbarmungslosem Sightseeing zu frönen: Der Clothes Market wird aufgesucht (9 Maßhemden, 2 Maßanzüge), Straßenhändlern unser Vertrauen geschenkt (eine echte Rolex um 10 Euro), ausgesuchte Qualitätstechnologie erworben (ein iPhone um 60 Euro) sowie Chinas bekannte Markenware empirisch getestet (4 Paar Nike-Socken um 50 Cent).
Wer würde uns da zu früher Abendstunde ein wenig Entspannung missgönnen? Also lernt die Herrenrunde die Freuden chinesischer Massage kennen (O-Ton Schausberger: "Ab heute lasse ich mich nur noch mit 'Majestät' ansprechen!"), ebenso wie den Full-Service der hiesigen Friseure (Kopf-, Rücken- und Armmassage, Haarwäsche, schneiden und legen bei einem Top-Figaro um 4 Euro) und das gemütliche Nachmittagsschläfchen im Park.
Ich glaube, erstmalig in der Geschichte der Langstreckenflüge haben nicht die Besucher, sondern der Gastgeber einen Jetlag zu verdauen.
Burschen: Schön, dass da warts!
Labels:
Clothes Market,
DJ,
Herrenrunde,
Massage,
Schausi
Freitag, 12. Juni 2009
Die Herrenrunde in China
Ich darf Euch heute eine kleine - und im Regelfall ausgesprochen unfeine - Institution vorstellen: die Herrenrunde.
Gut, den meisten brauche ich die wohl nicht mehr vorzustellen, aber ich tu es trotzdem. Wir trafen uns - weniger zufällig als mehr unter dem Zwang der Schulpflicht - in der Unterstufe des Gymnasiums: sechs wunderschöne, hochintelligente und dazu noch erfrischend bescheidene junge Männer, die bald von einem zarten Band der Freundschaft verbunden waren, da eine geschlossene Front gegen die erschreckende weibliche Übermacht in unserer Klasse gefragt war!
Na gut, das war nicht der Grund - aber es klingt irgendwie so herrlich politisch unkorrekt. Der tatsächliche Grund war eher, dass Schausi, Nikerl, DJ, Zech, Karli und ich einen Botzn Koarl miteinander hatten, was bei dermaßen unterschiedlichen Charakteren an sich schon eine Sensation ist.
Um die Sache kurz zu machen: Seit nunmehr fast 20 Jahren(!) treffen wir einander etwa alle ein bis zwei Monate, um gemeinsam fürchterlich viel Spaß zu haben. Letzteres lässt sich einfach nicht vermeiden, wenn wir aufeinander treffen, und darum konnten auch geografische Trennungen (beispielsweise leben momentan Schausi in London, Karli in Deutschland und ich in China), Hochzeiten, Scheidungen, Kinderkriegen und diverse andere Widrigkeiten des täglichen Lebens nichts ändern.
Gut, in letzter Zeit haben wir ein bisschen weniger Karli, weil der in Deutschland lebt, als Arzt arbeitet und zwei Kinder großzuziehen hat; aber den Gesamtrunden-Koarl hat das nicht merkbar reduziert.
Normalerweise treffen wir uns ja am Samstag, 19 Uhr, Stefansplatz. Diesmal haben wir uns zur Abwechslung allerdings für Samstag, 9 Uhr, Flughafen Shanghai entschieden.
Leider darf ich dort morgen - zu meiner großen Bestürzung - leider nur die Herren Schausi und DJ mit betont männlichem Handschlag begrüßen; wir werden uns aber redlich bemühen, auch als schwache 50% in der kommenden Woche mindestens genauso viel Frohsinn, Jux und Tollerei in China zu verbreiten, als wäre die gesamte Runde vollständig versammelt.
Warum ich das schreibe? Damit Ihr Euch nicht wundert, warum man jetzt mindestens eine Woche lang nichts von mir hören wird.
Und um mich zu bedanken, bei zweien meiner besten Hawerer, dass sie tatsächlich bis nach China kommen und somit die längste Anreise auf sich nehmen, die es jemals bei einer Herrenrunde gab.
Alles Walzer! ]:)
Gut, den meisten brauche ich die wohl nicht mehr vorzustellen, aber ich tu es trotzdem. Wir trafen uns - weniger zufällig als mehr unter dem Zwang der Schulpflicht - in der Unterstufe des Gymnasiums: sechs wunderschöne, hochintelligente und dazu noch erfrischend bescheidene junge Männer, die bald von einem zarten Band der Freundschaft verbunden waren, da eine geschlossene Front gegen die erschreckende weibliche Übermacht in unserer Klasse gefragt war!
Na gut, das war nicht der Grund - aber es klingt irgendwie so herrlich politisch unkorrekt. Der tatsächliche Grund war eher, dass Schausi, Nikerl, DJ, Zech, Karli und ich einen Botzn Koarl miteinander hatten, was bei dermaßen unterschiedlichen Charakteren an sich schon eine Sensation ist.
Um die Sache kurz zu machen: Seit nunmehr fast 20 Jahren(!) treffen wir einander etwa alle ein bis zwei Monate, um gemeinsam fürchterlich viel Spaß zu haben. Letzteres lässt sich einfach nicht vermeiden, wenn wir aufeinander treffen, und darum konnten auch geografische Trennungen (beispielsweise leben momentan Schausi in London, Karli in Deutschland und ich in China), Hochzeiten, Scheidungen, Kinderkriegen und diverse andere Widrigkeiten des täglichen Lebens nichts ändern.
Gut, in letzter Zeit haben wir ein bisschen weniger Karli, weil der in Deutschland lebt, als Arzt arbeitet und zwei Kinder großzuziehen hat; aber den Gesamtrunden-Koarl hat das nicht merkbar reduziert.
Normalerweise treffen wir uns ja am Samstag, 19 Uhr, Stefansplatz. Diesmal haben wir uns zur Abwechslung allerdings für Samstag, 9 Uhr, Flughafen Shanghai entschieden.
Leider darf ich dort morgen - zu meiner großen Bestürzung - leider nur die Herren Schausi und DJ mit betont männlichem Handschlag begrüßen; wir werden uns aber redlich bemühen, auch als schwache 50% in der kommenden Woche mindestens genauso viel Frohsinn, Jux und Tollerei in China zu verbreiten, als wäre die gesamte Runde vollständig versammelt.
Warum ich das schreibe? Damit Ihr Euch nicht wundert, warum man jetzt mindestens eine Woche lang nichts von mir hören wird.
Und um mich zu bedanken, bei zweien meiner besten Hawerer, dass sie tatsächlich bis nach China kommen und somit die längste Anreise auf sich nehmen, die es jemals bei einer Herrenrunde gab.
Alles Walzer! ]:)
Sonntag, 7. Juni 2009
Aha! - Wissenswertes zur chinesischen Schrift, Teil III
Hallo Kinder!
Jetzt beruhigen wir uns langsam, stellen das Schwätzen ein und finden bei dieser Gelegenheit auch gleich unsere innere Mitte. (Irgendwo in der Nähe der Leber, Hinw. d. A.)
Richtet nunmehr also Eure geschätzte Aufmerksamkeit wieder ganz alleine auf mich, da das erstens mein Selbstbewusstsein ungemein stärkt, zweitens Euren Chinesischkenntnissen echt gut tut und Ihr – gebts doch zu – sonst eh nix G’scheites zu tun habts.
Ich habe das letzte Mal um Haaresbreite die Diskussion der dritten und letzten Klasse an Schriftzeichen vermieden. Dies war ausgesprochen raffiniert von mir (und ich könnt mich selbst dafür umarmen, aber andererseits lege ich großen Wert auf meinen persönlichen Freiraum und lasse mich sicher nicht von jedem dahergelaufenen – und momentan auch noch ziemlich verschwitzten – Ich abknuddeln; ich mein, wo kommen wir denn da hin, wenn ich jedes Mal, wenn ich mich grad sehr mag, gleich sämtlichen Bedürfnissen nach körperlicher Nähe nachkommen würde? CHAOS würde daraus resultieren, sage ich Euch, CHAOS – und vermutlich auch Kreuzschmerzen, weil man sich ja, wenn man sich selbst umarmt und das auch noch ordentlich machen möchte, meistens ein bissl dieses eine Bandl zerrt, das da so links überkreuz schräg vom Schulterblatt den Rücken hinunter …
Wo war ich?
Ach ja, die Klammer muss ich noch schließen …
)
So.
Jetzt aber.
Es war ausgesprochen raffiniert von mir WEIL – und jetzt kommt’s – diese dritte Gruppe an Zeichen die wichtigste, häufigste und auch interessanteste ist. Und so darf ich Euch jetzt die „phonographischen Zeichen“ vorstellen.
Nein, die lesen sich leider nicht selbst vor. Das wäre praktisch, funktioniert aber nicht, da auch die phonographischen Zeichen – bei aller Grandiosität – leider stumme Nüsse sind.
Warum heißen sie dann so? Nun – weil sie sich aus zwei Teilen zusammensetzen.
Ich muss dazu zunächst vorausschicken (pfiati derweil, aber komm net zu spät heim), dass ein chinesisches Zeichen durchaus auch selbst Teil eines anderen Zeichens sein kann, das dann dementsprechend komplizierter aussieht. Tatsächlich kann ein Zeichen sogar mehrere andere als Komponenten enthalten, was dann optisch einen recht gedrängten Effekt („Grallawatsch“ in der Fachsprache) verursacht. Ich werde das dann gleich noch genauer demonstrieren, aber derweil glaubts mir das bitte einfach mal. Bei solchen Dingen lüge ich selten. Das wäre zu simpel.
Jeeedenfalls: Dies bitte KEINESFALLS mit jenem von mir bereits erwähnten Fall zu verwechseln, wenn ein chinesisches Wort aus mehreren Zeichen aufgebaut ist. Das ist etwas ganz anderes und auch sehr wichtiges; aber tatsächlich kann eben auch ein einzelnes Zeichen aus mehreren anderen bestehen. Bei einem phonographischen Zeichen ist genau das der Fall, wobei eine Hälfte das sogenannte „Radikal“ ist, die andere ein Phonetikum. Das Radikal ist enorm wichtig, denn es gibt einen Hinweis auf die Bedeutung des gesamten Zeichens und wird außerdem dazu verwendet, die Zeichen in einer bestimmten Reihenfolge zu ordnen – beispielsweise in einem Wörterbuch. Das Phonetikum gibt hingegen einen Hinweis auf die Aussprache.
Ich erklär das mal an Beispielen.
Sehet dieses wunderschöne Zeichen:
想
Jajaja, ich weiß schon: ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man wahrscheinlich wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht.
Doch sehen wir etwas genauer hin.
So, und jetzt bewegen wir die Nase wieder ein Stücki weg vom Bildschirm, weil sonst sehen wir nur Pixel, und das hilft uns auch nicht weiter. Ich meinte das mit dem „genau schauen“ eigentlich nur figurativ, denn ich werde nun in meiner unendlichen Weisheit dieses Zeichen für Euch Dumpfbacken (vgl. Beatboxen) da draußen mal ein bisschen analysieren.
Also. 想 besteht eigentlich aus drei unabhängigen, vollständigen Zeichen, nämlich: 木,目 und 心. Sie haben die Bedeutungen „Baum“, „Auge“ und „Herz“. (Jedes davon für sich genommen übrigens ein Piktogramm.) Nun sind 木 und 目 bereits zu einem neuen Zeichen zusammensetzbar, nämlich 相. Und gute Beobachter sehen schon: a-HA! (Daher auch der Name dieses Kurses) Das ist ja die obere Hälfte von 想, während das Zeichen für Herz 心 die untere Hälfte bildet.
Und das ganze ist dann ein wunderbares Beispiel für ein phonographisches Zeichen. Das Herz ist hier nämlich das Radikal. Es zeigt an, dass die Bedeutung des Gesamtzeichens etwas mit Gefühlen bzw. Eindrücken zu tun hat. Die andere Hälfte ist das Phonetikum. Wenn man weiß, wie 相 ausgesprochen wird, dann hat man auch eine ungefähre Ahnung, wie das Gesamtzeichen klingt. In diesem Fall ist das super: 相 lautet “xiang“ und 想 ebenfalls „xiang“.
Paaasst!
Leider ist es nicht immer so einfach, denn die Aussprache der Zeichen hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert, und so kommt es häufig vor, dass ein Phonetikum „Zhao“ auf eine Aussprache von „Kou“ hinweist, oder ähnliche Spompanadeln (<= Wie schreibt man das eigentlich?)
想 bedeutet übrigens „denken, wünschen, sich sehnen“ – der Bedeutungshinweis des Radikals ist generell deutlich verlässlicher als der Aussprachehinweis des Phonetikums.
Ich könnte Euch jetzt hier noch mit Beispielen ins Koma erklären – denn es gibt natürlich zigtausende davon, und die über 200 Radikale können innerhalb des Zeichens sowohl unten als auch links stehen und dabei auch noch ihr Aussehen verändern – aber ich will meine viereinhalb LeserInnen gerne noch ein Weilchen behalten, deshalb belasse ich es mal dabei.
Und widme mich einem Thema, das wesentlich unterhaltsamer ist: dem Pumukl.
Hihi, war nur Spaß – ich mach eh mit Chinesisch weiter.
Aber mit etwas, das weniger theoretisch und ganz viel lustig ist. Find ich halt. Und zwar sind das jene Zeichen, die irgendwie in dieser Klassifikation keinen Platz finden, uns Westler aber üblicherweise königlich unterhalten.
Auch sie setzen sich aus zwei (oder mehr) für sich existierenden Schriftzeichen zusammen. Sie kombinieren aber deren ursprüngliche Bedeutung zu einer neuen – was manchmal ausgesprochen originell, witzig und überraschend sein kann. Sehr oft bietet dies auch Gelegenheit, etwas über die chinesische Art zu denken, die Kultur und die Geschichte zu lernen.
Aber wer will das schon.
Also präsentiere ich hier einfach zum Abschluss ein paar der lustigsten:
木 - Baum
林 – kleiner Wald
森 – großer Wald
火 – Feuer
炎 – heiß
焱 – sehr heiß
Und jetzt noch raffinierter:
好 – links: Frau, rechts: Sohn => insgesamt: „gut“
安 – oben: Dach, unten: Frau (vgl. voriges Zeichen) => insgesamt: „Friede“
忙 – links: Herz, rechts: sterben => insgesamt „vergessen“ (Anm.: Chinesen hielten früher das Herz für den Sitz des Gedächtnisses)
盲 – oben: sterben, unten: Auge => insgesamt: „blind“
… und unendlich viele weitere solche Beispiele. Solchen herrlich logischen bzw. sogar richtig unterhaltsamen Zeichen zu begegnen, gehört für mich zu den größten Freuden des Chinesisch-Lernens. Die zweitgrößte ist es dann, in China-Lokalen blöde Kommentare über Westler zu verstehen und mich dann auf Chinesisch rächen zu können.
Aber das gehört woanders hin.
Soll ich noch einen Teil schreiben? Ich könnte mich noch ein bisschen vom einzelnen Zeichen zum chinesischen Wort hochhangeln und vielleicht auch noch ein winziges bisschen den Horror vorstellen, der die chinesische Grammatik ist.
Oder ich lass es. Wie’s wollts. Ich bin ja nicht so.
Jetzt beruhigen wir uns langsam, stellen das Schwätzen ein und finden bei dieser Gelegenheit auch gleich unsere innere Mitte. (Irgendwo in der Nähe der Leber, Hinw. d. A.)
Richtet nunmehr also Eure geschätzte Aufmerksamkeit wieder ganz alleine auf mich, da das erstens mein Selbstbewusstsein ungemein stärkt, zweitens Euren Chinesischkenntnissen echt gut tut und Ihr – gebts doch zu – sonst eh nix G’scheites zu tun habts.
Ich habe das letzte Mal um Haaresbreite die Diskussion der dritten und letzten Klasse an Schriftzeichen vermieden. Dies war ausgesprochen raffiniert von mir (und ich könnt mich selbst dafür umarmen, aber andererseits lege ich großen Wert auf meinen persönlichen Freiraum und lasse mich sicher nicht von jedem dahergelaufenen – und momentan auch noch ziemlich verschwitzten – Ich abknuddeln; ich mein, wo kommen wir denn da hin, wenn ich jedes Mal, wenn ich mich grad sehr mag, gleich sämtlichen Bedürfnissen nach körperlicher Nähe nachkommen würde? CHAOS würde daraus resultieren, sage ich Euch, CHAOS – und vermutlich auch Kreuzschmerzen, weil man sich ja, wenn man sich selbst umarmt und das auch noch ordentlich machen möchte, meistens ein bissl dieses eine Bandl zerrt, das da so links überkreuz schräg vom Schulterblatt den Rücken hinunter …
Wo war ich?
Ach ja, die Klammer muss ich noch schließen …
)
So.
Jetzt aber.
Es war ausgesprochen raffiniert von mir WEIL – und jetzt kommt’s – diese dritte Gruppe an Zeichen die wichtigste, häufigste und auch interessanteste ist. Und so darf ich Euch jetzt die „phonographischen Zeichen“ vorstellen.
Nein, die lesen sich leider nicht selbst vor. Das wäre praktisch, funktioniert aber nicht, da auch die phonographischen Zeichen – bei aller Grandiosität – leider stumme Nüsse sind.
Warum heißen sie dann so? Nun – weil sie sich aus zwei Teilen zusammensetzen.
Ich muss dazu zunächst vorausschicken (pfiati derweil, aber komm net zu spät heim), dass ein chinesisches Zeichen durchaus auch selbst Teil eines anderen Zeichens sein kann, das dann dementsprechend komplizierter aussieht. Tatsächlich kann ein Zeichen sogar mehrere andere als Komponenten enthalten, was dann optisch einen recht gedrängten Effekt („Grallawatsch“ in der Fachsprache) verursacht. Ich werde das dann gleich noch genauer demonstrieren, aber derweil glaubts mir das bitte einfach mal. Bei solchen Dingen lüge ich selten. Das wäre zu simpel.
Jeeedenfalls: Dies bitte KEINESFALLS mit jenem von mir bereits erwähnten Fall zu verwechseln, wenn ein chinesisches Wort aus mehreren Zeichen aufgebaut ist. Das ist etwas ganz anderes und auch sehr wichtiges; aber tatsächlich kann eben auch ein einzelnes Zeichen aus mehreren anderen bestehen. Bei einem phonographischen Zeichen ist genau das der Fall, wobei eine Hälfte das sogenannte „Radikal“ ist, die andere ein Phonetikum. Das Radikal ist enorm wichtig, denn es gibt einen Hinweis auf die Bedeutung des gesamten Zeichens und wird außerdem dazu verwendet, die Zeichen in einer bestimmten Reihenfolge zu ordnen – beispielsweise in einem Wörterbuch. Das Phonetikum gibt hingegen einen Hinweis auf die Aussprache.
Ich erklär das mal an Beispielen.
Sehet dieses wunderschöne Zeichen:
想
Jajaja, ich weiß schon: ein unheimlich kompliziertes Krixi-Kraxi, das man wahrscheinlich wie Tsching-Tschang-Tschung ausspricht.
Doch sehen wir etwas genauer hin.
So, und jetzt bewegen wir die Nase wieder ein Stücki weg vom Bildschirm, weil sonst sehen wir nur Pixel, und das hilft uns auch nicht weiter. Ich meinte das mit dem „genau schauen“ eigentlich nur figurativ, denn ich werde nun in meiner unendlichen Weisheit dieses Zeichen für Euch Dumpfbacken (vgl. Beatboxen) da draußen mal ein bisschen analysieren.
Also. 想 besteht eigentlich aus drei unabhängigen, vollständigen Zeichen, nämlich: 木,目 und 心. Sie haben die Bedeutungen „Baum“, „Auge“ und „Herz“. (Jedes davon für sich genommen übrigens ein Piktogramm.) Nun sind 木 und 目 bereits zu einem neuen Zeichen zusammensetzbar, nämlich 相. Und gute Beobachter sehen schon: a-HA! (Daher auch der Name dieses Kurses) Das ist ja die obere Hälfte von 想, während das Zeichen für Herz 心 die untere Hälfte bildet.
Und das ganze ist dann ein wunderbares Beispiel für ein phonographisches Zeichen. Das Herz ist hier nämlich das Radikal. Es zeigt an, dass die Bedeutung des Gesamtzeichens etwas mit Gefühlen bzw. Eindrücken zu tun hat. Die andere Hälfte ist das Phonetikum. Wenn man weiß, wie 相 ausgesprochen wird, dann hat man auch eine ungefähre Ahnung, wie das Gesamtzeichen klingt. In diesem Fall ist das super: 相 lautet “xiang“ und 想 ebenfalls „xiang“.
Paaasst!
Leider ist es nicht immer so einfach, denn die Aussprache der Zeichen hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert, und so kommt es häufig vor, dass ein Phonetikum „Zhao“ auf eine Aussprache von „Kou“ hinweist, oder ähnliche Spompanadeln (<= Wie schreibt man das eigentlich?)
想 bedeutet übrigens „denken, wünschen, sich sehnen“ – der Bedeutungshinweis des Radikals ist generell deutlich verlässlicher als der Aussprachehinweis des Phonetikums.
Ich könnte Euch jetzt hier noch mit Beispielen ins Koma erklären – denn es gibt natürlich zigtausende davon, und die über 200 Radikale können innerhalb des Zeichens sowohl unten als auch links stehen und dabei auch noch ihr Aussehen verändern – aber ich will meine viereinhalb LeserInnen gerne noch ein Weilchen behalten, deshalb belasse ich es mal dabei.
Und widme mich einem Thema, das wesentlich unterhaltsamer ist: dem Pumukl.
Hihi, war nur Spaß – ich mach eh mit Chinesisch weiter.
Aber mit etwas, das weniger theoretisch und ganz viel lustig ist. Find ich halt. Und zwar sind das jene Zeichen, die irgendwie in dieser Klassifikation keinen Platz finden, uns Westler aber üblicherweise königlich unterhalten.
Auch sie setzen sich aus zwei (oder mehr) für sich existierenden Schriftzeichen zusammen. Sie kombinieren aber deren ursprüngliche Bedeutung zu einer neuen – was manchmal ausgesprochen originell, witzig und überraschend sein kann. Sehr oft bietet dies auch Gelegenheit, etwas über die chinesische Art zu denken, die Kultur und die Geschichte zu lernen.
Aber wer will das schon.
Also präsentiere ich hier einfach zum Abschluss ein paar der lustigsten:
木 - Baum
林 – kleiner Wald
森 – großer Wald
火 – Feuer
炎 – heiß
焱 – sehr heiß
Und jetzt noch raffinierter:
好 – links: Frau, rechts: Sohn => insgesamt: „gut“
安 – oben: Dach, unten: Frau (vgl. voriges Zeichen) => insgesamt: „Friede“
忙 – links: Herz, rechts: sterben => insgesamt „vergessen“ (Anm.: Chinesen hielten früher das Herz für den Sitz des Gedächtnisses)
盲 – oben: sterben, unten: Auge => insgesamt: „blind“
… und unendlich viele weitere solche Beispiele. Solchen herrlich logischen bzw. sogar richtig unterhaltsamen Zeichen zu begegnen, gehört für mich zu den größten Freuden des Chinesisch-Lernens. Die zweitgrößte ist es dann, in China-Lokalen blöde Kommentare über Westler zu verstehen und mich dann auf Chinesisch rächen zu können.
Aber das gehört woanders hin.
Soll ich noch einen Teil schreiben? Ich könnte mich noch ein bisschen vom einzelnen Zeichen zum chinesischen Wort hochhangeln und vielleicht auch noch ein winziges bisschen den Horror vorstellen, der die chinesische Grammatik ist.
Oder ich lass es. Wie’s wollts. Ich bin ja nicht so.
Labels:
Aha,
Hanzi,
Klugscheißen,
Schrift,
Zeichen
Donnerstag, 4. Juni 2009
Tiananmen
Heute ist der 20. Jahrestag des "Tiananmen Incidents". Anlässlich dessen haben wir dies auch im Unterricht besprochen (was mich übrigens ziemlich überraschte). Unsere Professorin meinte: "Unsere Regierung sagt, es wären 200 Tote gewesen, ausländische Medien sagen 2.000. Ich sage, es waren zu viele."
Und das find ich ziemlich gut.
Und das find ich ziemlich gut.
Abonnieren
Posts (Atom)