Gestern habe ich Hefei besichtigt. Grabmal, Parks, Tempel, Museum - das uebliche chinesische Zeugs, ich will Euch nicht langweilen. Heute ging es aber um 8 Uhr frueh weiter, und da mein momentaner Aufenthaltsort recht ruhig ist und ueber ein Internetcafe verfuegt, gibts schon wieder einen Eintrag.
So bin ich also nach fast fuenf Stunden Fahrt hier in Bozhou angekommen, im aeussersten Norden Anhuis, beruehmt als wichtigstes Handelszentrum fuer chinesische Medizin in Zentralchina und als Geburtsort der Kriegerin Mulan sowie des beruechtigten Feldherrn Caocao - und ansonsten ein richtiges Kaff.
Schon die Fahrt ist interessant. Die Landschaft im Norden von Anhui ist vollkommen flach und von Feldern ueberzogen. Die Doerfchen dazwischen sind von unglaublicher Trostlosigkeit: Die kleinen Wege zwischen den voellig verfallenen Rohziegel- oder Lehmbauten sind stets unasphaltiert, und auch die Verbindungsstrassen zwischen den Orten sind zumeist aus Lehm und uebersaet mit Schlagloechern. Mein Zug stammt diesmal auch zirka aus Moses Zeiten, seine Sitze sind hart, aber eng. Auch fuer lange, westliche Beine ist kaum Platz vorgesehen - dafuer bringen die Bauern und Tageloehner, mit denen ich den Zug teile, gigantische Saecke und Schachteln von grossartigem olfaktorischem Reichtum mit.
Die Toilette des Zugs verdient besondere Aufmerksamkeit. Es ist natuerlich das landesuebliche Plumpsklo, nur diesmal in der flaechendeckend zugeschissenen Variante. Woher das kommt ermittle ich empirisch beim Aufdrehen des kleinen Wasserhahns zur "Spuelung": Das Wasser rinnt aus diesem einfach auf den Boden des winzigen Raumes, und sobald dieser - inklusive meiner Schuhe - voellig ueberschwemmt ist, rinnt auch ein bisschen etwas das Kloloch hinunter und verteilt dessen Inhalt ... Entschuldigung, ich hoffe, Ihr esst nicht gerade ]:D.
Nach Bozhou schliesslich verirrt sich offenbar wirklich nie ein Westler. Kaum angekommen, metamorphiere ich umgehend zur groessten Attraktion fuer die lokale Bevoelkerung: Ich werde bestaunt, angelacht, gerufen - und von Jugendlichen, die ihren Augen nicht trauen, mittels Moped mehrmals umkreist. Unbeachtet untertauchen spielt's hier sicher nicht.
Der ganze Ort ist fuer mich eine voellig neue Erfahrung: Keine Hochhaeuser, kaum Leuchtreklamen und eine seltsame Weite. Die Menschen hier sind auch anders: sehr freundlich und nett, aber eher introvertiert und ruhig - eigentlich sehr angenehm.
Der Anhui-Dialekt allerdings ist eine Frechheit, mit Verlaub. Das ist ein Gesaeusel, dass es nur so eine Freude ist. Konsonanten kennt man hier offenbar gar keine, dafuer spricht man mehr durch die Nase als durch den Mund. So wenig wie hier habe ich nicht einmal in Sichuan verstanden. Das macht aber nix, ich wende einfach wieder meine alte Kommunikationsmethode an: freundlich grinsen, nicken, in regelmaessigen Abstaenden "Oesterreich", "Ich studiere Chinesisch in Shanghai" und "Ja" sagen - und hoffen, dass ungefaehr das folgt, was man sich vorgestellt hat. Manchmal bekommt man aber auch ein Stueck Bohnenpaste in die Hand.
Gleich heute, am ersten Tag, krieche ich durch einen uralten, unterirdischen Tunnel des Militaerstrategen Caocao, fuer morgen habe ich mir den groessten Markt traditioneller chinesischer Medizin in Ostchina und ein kleines Theatermuseum vorgenommen. Fuer uebermorgen habe ich bereits ein Zugticket nach Luoyang, die alte Hauptstadt der Song-Dynastie. Mir wird also nicht fad.
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3 Kommentare:
Langweilig liest sich das auch nicht ;) Ich trau mich ja kaum auszuschreiben, dass das alles wie am Schnürchen zu laufen scheint...
Dann reis mal gut weiter und erfreue und bald wieder mit Neuigkeiten.
Schon geschehen. Auch deine Schnuerchen-Theorie waere damit widerlegt ;).
Danke fuer die lieben Wuensche - und mal sehen, ob ich wieder Zeit und Oertlichkeit fuer ein Live-Posting finde. Viel lustiger so.
heee...! mit so schneller und vieler information.....
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