Nachdem ich aber heute feststellen musste, dass ich aufgrund zweier neuer Lehrbücher auch in diesem Semester genügend neue Vokabel zu lernen haben werde, entschied ich mich spontan, die heutigen einfach mal auf morgen zu verschieben und stattdessen das letzte Südreise-Posting nachzuliefern.
Kanton ist nicht gerade eine pittoreske Stadt. Um ehrlich zu sein, beschlich mich bei der Ankunft am Bahnhof jähe Sorge, ob denn der Rest der Stadt auch von solch beeindruckender Hässlichkeit sei wie gerade jene Gegend. Vor unserem Hostel direkt am Perlfluss angekommen, sah die Sache dann schon anders aus - die Promenade ist ausgesprochen hübsch, die Unterkunft selbst nett, und das Wetter wohlig warm. Zumindest für normale Menschen. Ich hätte es eher als brütende Hitze bezeichnet und wechselte folglich flugs ins Sommeroutfit. Um die solchermaßen mühsam erkämpfte touristische Anmutung noch zu unterstreichen, folgte sogleich ausgiebiges und prominentes Kartenstudium - der Orientierung zuwegen.
Mit einer kleinen Fähre wechselten wir auf das bekannte Inselchen 沙面 (Shamian), mitten im Zentrum der Stadt, auf dem man sich als Europäer fast wie zu Hause fühlt. Und tatsächlich findet man auf dieser Insel eine auffällige Häufung der in dieser Stadt sonst eher raren Westler; wenn man schon im Ausland lebt, dann soll's halt auch wieder nicht allzu chinesisch zugehen, offensichtlich.
Ein weiterer Grund für diese Euro-Ecke: Will ein amerikanisches Pärchen ein chinesisches Kind adoptieren, muss es zunächst ein Monat lang in Kanton leben, um interkulturelle Kompetenz zu beweisen. So sieht man also auf Shamian amerikanische Eltern mit ihren chinesischen Kindern um die Wette Kinderwagerl-Schieben.
Gleich gegenüber hingegen trifft man das wesentlich erdigere und faszinierendere Kanton. Die Stadt mag im herkömmlichen Sinn nicht schön sein - ihre Atmosphäre aber ist einzigartig, und alleine in den riesigen Straßenmärkten und winzigen Hintergasseln kann man ganze Tage einfach nur spazierend verbringen.
Die hiesige Spezialität: wiederum Schlangen - in allen möglichen Zubereitungsformen.
In Kanton gibt es viele schräge Dinge zu entdecken; dazu kommen noch einige schöne Parks und Sehenswürdigkeiten konventioneller Art, wie Tempel, Museen und dergleichen. Nach einer abendlichen Schiffahrt auf dem Perlfluss haben wir dann auch ein ziemlich dichtes Besichtigungsprogramm hinter uns. Und so wird man uns für unser darauf folgendes Abendprogramm vermutlich nicht gerade den Nightlife-Orden ersten Grades verleihen ...
... dafür fetzt der nächste Morgen umso mehr, den wir in einem der zahlreichen kleinen Parks am Ufer des Flusses verbringen. Der Chinese an sich liebt ja den Tanz im Park - und zwar egal, zu welcher Art von Musik. Und als wir plötzlich die vertrauten Klänge von "An der schönen blauen Donau" vernehmen, fühlen wir uns als gelernte WienerInnen natürlich verpflichtet, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen.
Nachdem wir den anwesenden Chinesen vorgeführt hatten, dass auch Damen mit gelben Haaren nicht beißen, fanden sich im Handumdrehen einheimische Tanzpartner ein.
In China hat man ja überhaupt einen Koarl im Park. (Nein, diesmal nicht den bladen Ungustl, sondern nur Spaß.) Da wird nicht blöd Tauberl-gefüttert, da wird getanzt, gesungen, trainiert - und gespielt! Als wir obiger Mischung aus Hackisacki und Federball ansichtig wurden, kauften wir uns auch einen solchen Ball und legten gleich einmal los. Was wir darboten war zwar eine Katastrophe für jeden körperbewussten Menschen, dafür hatten die uns beobachtenden Einheimischen ihren Spaß.
Doch nicht nur dem Spiele frönten wir - nein, auch die Symbolik kam nicht zu kurz: Man erfreue sich an unserer täuschend wirklichkeitsgetreuen Imitation des im Hintergrund ersichtlichen, verschlungenen Baumes, der für die Chinesen ein Symbol ist für ewige Freundschaft. In unserem Fall manifestierten sich stattdessen ewige Kreuzschmerzen.
Nach dem Nightlife-technisch eher schwachen ersten Abend, wollten wir uns nicht nachsagen lassen, wir wären fade Säcke, und also fanden wir uns in einem der unzähligen Clubs in jener Barstraße ein, die sich gleich neben unserem Hostel befand.
Mit schlafwandlerischer Sicherheit wählten wir dabei just jenen Club aus, dessen größte Attraktion eine Schlangentänzerin ist. Während sich die entzückende Boa Constrictor um meine Arme und Schultern wand (da wir als einzige Westler natürlich sofort die Aufmerksamkeit der Tänzerin und ihres Tierchens erregten), gab es seitens meiner Freundinnen grandiose Teamwork: Josi fungierte als hochdynamischer Blickschutz für Babsi, die wiederum ihre Phobie bewundernswert unter Kontrolle hielt. Leider waren alle so mit Angsthaben bzw. Schlangestreicheln beschäftigt, dass das einzige Foto aus diesem Club das Tierchen nicht involviert.
Dann war da noch unser Trip nach Hong Kong. Dieser schöne Stadtstaat gehört zwar jetzt zu China, das hält aber niemanden davon ab, nach wie vor so zu tun, als wäre es ein eigenes Land. Die zwei Mädels hatten sich also in weiser Voraussicht Visa mit zweifacher Einreise besorgt, ich habe ohnehin das Residency Permit und kann somit - theoretisch - ein- und ausreisen so oft ich möchte. Zumindest hatten das die meisten Menschen, die ich diesbezüglich befragte, so vermutet. (Sicher wusste es natürlich keiner.)
Mit dem Zug braucht man gerade einmal zwei Stunden von Kanton nach Hong Kong, und also lautete der Beschluss: Ein Tagesausflug muss her. Obwohl mich Hong Kong eigentlich nie besonders reizte, war ich doch gespannt, wie stark die Ähnlichkeit zum ... ähm ... normalen China wohl wäre.
Schon bei unserer Ankunft am Bahnhof in Kowloon - dem auf dem Festland gelegenen Stadtteil von Hong Kong - gab es subtile Anzeichen, dass die Hong Konger zumindest eine gewisse Vorliebe für schreienden Kitsch mit ihren Mainland-Landsleuten teilen.
Und ganz in der Nähe des Bahnhofs bekamen wir beim Blick von Kowloon hinüber nach Central gleich einen Eindruck von Hong Kongs größter Attraktion: einer der beeindruckendsten Skylines der Welt.
Nachdem wir mit einer Fähre ins Zentrum auf Hong Kong Island übergesetzt hatten und dort ein wenig herumspazierten, wurde uns schnell klar, dass Hong Kong mit China nicht viel gemeinsam hat. Es ist eher wie ein heißes England mit besonders hohen Häusern und auffällig vielen AsiatInnen auf den Werbeplakaten. Auch die Autos fahren hier auf der linken Seite (und anders als am Festland ist die vorgeschriebene Straßenseite sogar aus dem aktiven Verkehr ableitbar), alles ist sauber und ordentlich, und selbst die älteren Leute sprechen zumindest ein bisschen Englisch.
Kaum ein Hochhaus in Hong Kong gleicht einem anderen, und alles blitzt und blinkt - wie hier das Wahrzeichen: die Bank of China.
Die größte Attraktion ist aber die steile Fahrt auf den "Peak" - den Hausberg dieser Stadt - und der anschließende Blick hinunter. Auch wenn das Gedränge der Touristen nicht gerade meditative Stimmung aufkommen lässt - das muss man einfach gemacht haben.
Ein bisschen wollten wir aber schon weg von den Touristenhorden, und ging es runter vom Peak - und rein in die nächstbeste Straßenbahn, für eine kleine Rundfahrt durch die Stadt.
Fast überall ist Hong Kong stark westlich orientiert. Bei der Höhe der Straßenbahnen hingegen ganz offensichtlich nicht so sehr.
6 Kommentare:
Yeah! Lernen is eh a Bledsinn... *G* - da schreib besser Blogs damit unsereiner, dem fad is, was zum Lesen hat... hahaha
ich bin enttäuscht. kein einziges schönes nebelbild...
@nikerl: that's the spirit! und mein chinesisch is eh schon so gut ... ich will ja die einheimischen nicht beschämen :D.
@rudolfottokar: ja ... wir waren auch total verwirrt ... besonders dieses gleißend helle ding da am himmel oben war uns so gar nicht vertraut.
Leiwande Fotos wiedermal! Das vom Peak find ich besonders schick. Endlich kann man auf die Hochhäuser runterschauen! Mal was anderes!
übrigens...schöne grüße von deinen treuen lesern sep-ing soll ich ausrichten ;-))
@etosha: dankeschön :). besonders beachtenswert ist ja auch die klarheit der luft ... 3x war ich in shanghai auf den zum jeweiligen zeitpunkt jeweils höchsten gebäude der welt - und immer war's diesig, dunstig, nebelig. hong kong war diesbezüglich wesentlich kooperativer. sogar das wetter ist dort offensichtlich effizient.
@rudolfottokar: auch danke :). liebe grüße zurück an die beiden!
Kommentar veröffentlichen